Paris (epd)Beim Weltklimagipfel sind sich die Staaten in mehreren Streitpunkten näher gekommen. Am Mittwochnachmittag legten sie einen bereinigten Entwurf für das Klimaabkommen vor, das am Freitag in Paris verabschiedet werden soll. Drei Viertel aller eckigen Klammern, mit denen offene Optionen im Text markiert werden, seien ausgeräumt worden, erläuterte der Konferenzpräsident, Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Am Abend wollten die Minister im Plenum über den Text beraten. "Der Textentwurf ist ein wichtiger Schritt nach vorn, aber noch längst nicht so, wie er am Ende sein muss", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
Im Kern einigten sich die Staaten darauf, dass alle fünf Jahre die freiwilligen nationalen Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz überprüft und verschärft werden sollen. Offen ist noch, wann die erste Revision stattfindet. Fortschritte sind auch bei den Regelungen des Technologietransfers zwischen reichen und armen Ländern zu verzeichnen. Der Entwurf sieht zudem vor, dass Länder unterstützt werden sollen, die infolge des Klimawandels Schäden erleiden, etwa durch Dürren und Unwetter.
Berichtspflichten umstritten
Zu den besonders umstrittenen Punkten zählt weiter das Langfristziel, das die zentrale Säule des Abkommens bilden soll. Dabei steht zur Debatte, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis Ende des Jahrhunderts (Dekarbonisierung) zu beschließen. An diesem Punkt bremsen vor allem Öl-Staaten wie Saudi-Arabien und Venezuela. Offen ist ebenso, welche Obergrenze für den globalen Temperaturanstieg festgelegt wird: Genannt sind die Zielmarken 1,5 und zwei Grad.
Deutliche Differenzen gibt es nach wie vor auch bei der Finanzierung des Klimaschutzes in armen Ländern und in der Frage nach den unterschiedlichen Pflichten für verschiedene Staatengruppen. Dieser Punkt ist vor allem mit Blick auf die Berichtspflichten umstritten: Während die Industrieländer im Wesentlichen einheitliche Transparenzregeln für das Klimaschutz-Engagement fordern, schrecken Schwellenländer davor zurück und verlangen, dass der Vertrag eine klare Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern festschreibt.
Von vornherein klar war, dass es keine verbindlichen nationalen Ziele zur Minderung von Treibhausgasen in einzelnen Ländern geben soll. Stattdessen hatten im Vorlauf zum Gipfel rund 185 Staaten freiwillige Selbstverpflichtungen vorgelegt. Sie reichen allerdings bislang nicht aus, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.
Kritik von Umweltschützern
Fabius betonte, dass "nichts vereinbart ist, bevor alles vereinbart ist". Den Entwurf bezeichnete er als "Karte der Fortschritte und offenen Fragen". Hendricks sagte, dass bis zu einer Einigung "noch sehr lange und sehr intensive Verhandlungen notwendig" seien: "Wir richten uns auf eine lange Nacht ein."
Umweltschützer reagierten verhalten bis kritisch auf den neuen Entwurf. Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Dieser Vertrag bringt uns nicht auf den Zwei-Grad-Pfad." Der Revisionsmechanismus sei nicht wirksam genug, um den Treibhausgas-Ausstoß rasch genug zu bremsen.
Greenpeace sprach von einer "Mischung aus Gutem, Schlechtem und Ekelhaftem". In manchen Punkten sei deutlich die Handschrift von Öl-Staaten zu erkennen. Der Vorsitzende des Bundes für Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, forderte von den Verhandlern substanzielle Änderungen: "Es ist inakzeptabel, dass die erste Revision der nationalen Klimaschutzpläne nicht vor 2023 erfolgen soll", sagte Weiger.
Vatikan will Klimarahmenkonvention unterzeichnen
Die USA kündigten auf dem Gipfel eine Verdopplung ihrer Mittel für die Anpassung an den Temperaturanstieg in armen Staaten an. Die Summe soll bis 2020 von derzeit jährlich 400 Millionen Dollar auf 800 Millionen Dollar steigen.
Der Vatikan will als 196. Staat die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen unterzeichnen. Derzeit würden die Unterlagen für einen Beitritt zur Konvention vorbereitet, sagte der ständige Vertreter des Heiligen Stuhls bei den UN, Bernadito Auza, der "tageszeitung" (Online-Ausgabe vom Mittwoch). Die Initiative dazu sei von Papst Franziskus ausgegangen.