Berlin (epd)Der Presserat hat die Beschwerden über den umstrittenen Facebook-Pranger der "Bild"-Zeitung als unbegründet verworfen. Das Gremium teilte am Dienstagabend mit, die Berichterstattung von "Bild" und "Huffington Post" über fremdenfeindliche Äußerungen bei Facebook sei zulässig. Das gelte auch für die Veröffentlichung der Namen und Profilbilder.
"Bild" und Bild.de hatten unter der Überschrift "Bild stellt die Facebook-Hetzer an den Pranger" Kommentare von Nutzern mit Namen und Foto veröffentlicht. Die "Huffington Post" zeigte eine Sammlung der aus ihrer Sicht schlimmsten Kommentare ebenfalls mit Profilbildern und Namen unter dem Titel "Hier sprechen die Hassfratzen". Insgesamt 38 Leser hatte sich über die Veröffentlichungen beschwert und Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Diffamierungen kritisiert.
Öffentliches Interesse überlagere Persönlichkeitsrechte
Der Beschwerdeausschuss 2 des Presserats kam dagegen zu dem Schluss, die Berichterstattung sei zulässig. Es habe sich nicht um private, sondern erkennbar um politische Äußerungen der Nutzer in öffentlich einsehbaren Foren gehandelt, teilte der Rat mit. Daran bestehe ein öffentliches Interesse, das die Persönlichkeitsrechte überlagere. Die Einordnung als "Hassfratzen" wertete der Presserat als eine zugespitzte, scharfe Meinungsäußerung, die sich noch im Rahmen der presseethischen Grenzen bewegt.
Eine Rüge erhielt dagegen die "Abendzeitung" für ihre Online-Berichterstattung über die Ermordung einer Fernsehmoderatorin in den USA. Die Redaktion veröffentlichte ein Video, in dem wiederholt die tödlichen Schüsse gezeigt wurden und Schreie zu hören waren. Eine journalistische Einordnung des Geschehens habe nicht stattgefunden, teilte der Presserat mit. Diese Art der Berichterstattung ging nach Ansicht des Beschwerdeausschusses über das öffentliche Informationsinteresse hinaus und diente in erster Linie der Befriedigung von Sensationsinteressen. Gerügt wurde außerdem die Zeitschrift "TV Movie" wegen Schleichwerbung im Rahmen eines Interviews mit einem Schauspieler.
Hinweis an "Ludwigsburger Kreiszeitung"
Im Zuge eines Wiederaufnahmeverfahrens wurde aus einer Rüge gegen die "Ludwigsburger Kreiszeitung" ein Hinweis. Die Redaktion hatte in der Berichterstattung über einen Trickdiebstahl die Verdächtigen als "Sinti und Roma" beschrieben. Das Verfahren wurde wieder aufgenommen, weil bei der ersten Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt wurde, dass die Bezeichnung "Sinti und Roma" von der Polizei verbreitet worden und von der Zeitung übernommen worden war. Für die Nennung der Nationalität sah der Beschwerdeausschuss aber weiterhin keinen Grund. Da aber keine weitere Diskriminierung in dem Beitrag zu erkennen war, änderte der Beschwerdeausschuss die Maßnahme von einer Rüge in einen Hinweis.
Der Pressekodex des Deutschen Presserats enthält Regeln für die tägliche Arbeit von Journalisten. Bei Verstößen kann das Gremium einen Hinweis, eine Missbilligung oder eine Rüge aussprechen. Konkrete Folgen haben die Sanktionen nicht.