Sehr viele Staaten hätten eigene Reduktionsziele bei den Kohlendioxid-Emissionen vorgeschlagen, sagte Merkel am Samstag in ihrem neuen Videopodcast. Aber diese Vorschläge führten noch nichts zum Ziel der Zwei-Grad-Begrenzung. Daher seien verbindliche Folgeprozesse erforderlich. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter dämpfte unterdessen die Erwartungen an das Gipfeltreffen in Paris.
Beim 21. Weltklimagipfel will die Staatengemeinschaft will ein Abkommen gegen die Erderwärmung beschließen, das das Kyoto-Protokoll 2020 ablösen soll. Es werden neben Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande 150 Staatschefs in Paris erwartet, darunter US-Präsident Barack Obama, der russische Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatspräsident Xi Jingping.
Ohne das Handeln der Schwellenländer sei das Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf unter zwei Grad zu begrenzen, nicht mehr zu erreichen, sagte Merkel in Berlin kurz vor Beginn des Gipfels. Sie begrüße es deshalb sehr, das China mit 2030 erstmals einen Reduktions-Zeitpunkt genannt habe. Damit sei ein neuer Zeitabschnitt eingeläutet. China und auch Indien schlügen beim Ausbau der erneuerbaren Energien einen "anspruchsvollen Weg" ein, mit beiden Staaten arbeite Deutschland auf diesem Gebiet zusammen.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Hofreiter sagte am Samstag im Deutschlandfunk, zwar werde sich die Staatengemeinschaft wohl auf einen neuen Vertrag einigen, um die globale Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Allerdings werde dieser so schwach sein, dass er keinen wirklichen Nutzen habe. Nötig seien Regelungen auf verpflichtender Basis. Die Bundesregierung forderte der Grünen-Politiker auf, deutlich mehr Engagement bei der Reduzierung schädlicher Treibhausgase zu zeigen. Es bestehe die Gefahr, dass das Vorreiterland Deutschland sich blamiere, sagte er.
Indes warnten Unionspolitiker vor zu teuren und überzogenen Umweltzielen, die die Volkswirtschaften zu sehr belasten. Wenn die Verringerung des CO2-Ausstoßes nur mit exzessiven Milliardenkosten erreicht werden könne, entbehre dies jeder politischen und wirtschaftlichen Vernunft, sagte der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Peter Ramsauer (CSU), dem Nachrichtenmagazin "Focus". Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz, äußerte die Befürchtung, dass sich ein nach seinen Worten "klimaangstgesteuerter Umbau der Gesellschaft" als tödlicher Irrweg für die Wirtschaft erweisen könne.
Bedford-Strohm: Zusammenarbeit!
Der Ratsvorsitzende der evangelische Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, rief die Länder zur Zusammenarbeit im Kampf gegen die Erderwärmung auf. "Während einige viele Ressourcen unserer Erde verbrauchen, gehen andere leer aus", sagte er am Samstag in der Basilia St. Denis in Paris. Dies sei eine klaffende "Wunde der Ungerechtigkeit". Bedford-Strohm wies dabei auch auf Zusammenhänge zwischen Klima-Politik und Fluchtbewegungen hin.
Derzeit seien weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. "Wenn die Regierungen dieser Erde es versäumen, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen, werden noch viel mehr als Klima-Flüchtlinge dazukommen", sagte Bedford-Strohm, in dem Gottesdienst: "Klima-Politik ist die Flüchtlingspolitik der Zukunft." Der bayerische Landesbischof sprach zum Abschluss eines "Ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit", der in Deutschland am 13. September gestartet war. Daran hatten sich nach Angaben des Hilfswerks "Brot für die Welt" insgesamt 7.000 Menschen beteiligt.
Brot für die Welt: Mehr "Klimagerechtigkeit"
Auch "Brot für die Welt" forderte mit Blick auf ein neues Abkommen dagegen mehr "Klimagerechtigkeit" und die Möglichkeit einer nachhaltigen Entwicklung für alle Länder. Wichtig sei, dass ausreichend Geld zur Verfügung gestellt werde, damit auch den Ärmsten eine Anpassung an den Klimawandel gelingen könne, sagte Heinz Fuchs, Referatsleiter Wirtschaft und Umwelt, zum Abschluss eines Klima-Pilgerwegs nach Paris. "Niemand darf beim Klimaschutz zurückbleiben."
Der in Paris angestrebte neue Klima-Vertrag soll ab 2020 alle Staaten der Welt zum Klimaschutz verpflichten - anderes als das Kyoto-Protokoll, dass nur Industriestaaten eine Minderung ihrer Treibhausgase vorschrieb. Große Schwellenländer wie China, das zu den größten Produzenten von Treibhausgasen gehört, hatten sich lange dagegen gesträubt.