Berlin (epd)Nach dem jüngsten Asyl-Beschluss der Koalition sehen sich beide Seiten bestätigt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach am Freitag in Berlin von einem "Gewinn an Sicherheit und Ordnung für Deutschland". Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte der "Passauer Neuen Presse" (Samstagsausgabe), es sei "ein sensationeller Erfolg, in so kurzer Zeit von einer reinen Willkommenskultur zu einer realistischen Flüchtlingspolitik zu gelangen."
Seehofer dringt seit mehreren Wochen auf eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme, was Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ablehnt. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte hingegen, der CSU-Chef habe mit Ultimaten und Drohungen nicht erreicht, was er wollte: "Die Transitzonen sind vom Tisch", sagte Oppermann in Berlin.
Residenzpflicht verschärft
Die große Koalition hatte ihren Streit in der Flüchtlingspolitik am Donnerstag beigelegt. Bei einem Treffen hatten die Bundeskanzlerin, Seehofer und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Aufnahmeeinrichtungen vereinbart, in denen Menschen ohne Bleibeperspektive ein schnelles Asylverfahren durchlaufen, angelehnt an das Flughafenverfahren. Nach einem negativen Bescheid sollen sie von dort direkt abgeschoben werden.
Für die Flüchtlinge in den Aufnahmeeinrichtungen soll eine verschärfte Residenzpflicht gelten. Gehen sie woanders hin, verlieren sie ihren Anspruch auf Leistungen, und ihr Verfahren ruht. Sie können dann nur noch einmal die Wiederaufnahme beantragen. Zur Einigung der Koalition gehören auch eine Begrenzung des Familiennachzugs und die Einführung eines sogenannten Flüchtlingsausweises.
Ziel ist die Abwicklung der Verfahren von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsländern binnen drei Wochen. Die ersten beiden Aufnahmezentren werden Bamberg und Manching in Bayern sein.
Kritik von der Opposition
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hob gegenüber der Funke Medien-Gruppe die verschärfte Residenzpflicht für Flüchtlinge in den Aufnahmezentren hervor. Wer sich nicht daran halte, dem drohten Sanktionen bis zur Abschiebung: "Das sind die schärfsten Regeln, die wir in Deutschland für solche Fälle je hatten", sagte Hasselfeldt.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erwartet insgesamt eine deutliche Beschleunigung der Asylverfahren. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte er, der Flüchtlingsausweis werde auch die übrigen Verfahren verkürzen. Ziel sei es, künftig nicht mehr in acht, sondern für alle Asylsuchenden binnen drei Monaten über einen Antrag zu entscheiden. Dabei werde die Rechtsstaatlichkeit gewährleistet. Bei n-tv stellte er in Aussicht, dass in den Aufnahmezentren auch die rechtliche Überprüfung der Asylbescheide erfolgen soll.
Die gesetzlichen Regelungen sollen noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Pro Asyl warf der großen Koalition "einen weiteren gravierenden Einschnitt in das Asylrecht" vor. Auch von der Opposition kam scharfe Kritik. Die Parteivorsitzende der Grünen, Simone Peter, twitterte, die SPD habe sich "wieder einmal dem Asylverschärfungskurs der Union untergeordnet" und legte in der "Welt" (Online: Freitag, Print: Samstag) nach: Flüchtlinge zu kasernieren und den Familiennachzug auszusetzen, sei "einfach nur schäbig".
Kompromiss zurückhaltend begrüßt
Die Verantwortlichen der Länder und vor Ort begrüßten den Kompromiss zurückhaltend. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wies im Sender n-tv darauf hin, dass gegenwärtig nur noch zwei Prozent der Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern kommen. Hauptpunkt bleibe daher die Beschleunigung aller Asylverfahren. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte dem Sender, die Vereinbarungen seien richtig, aber es sei falsch zu glauben, jetzt seien die Probleme gelöst. Sachsen stellte im Bundesrat den Antrag, die Verwaltungsgerichtsverfahren zu beschleunigen.
Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Eva Lohse (CDU), begrüßte, dass sich die Kommunen nun auf Flüchtlinge mit einer Bleibeperspektive konzentrieren könnten. Demgegenüber warnte die Polizeigewerkschaft, das Personal für die Abschiebungen sei gar nicht da. Schon heute müssten eigentlich 190.000 Menschen Deutschland verlassen.