Privatvermögen in Deutschland konzentriert sich immer stärker

Privatvermögen in Deutschland konzentriert sich immer stärker
Soziale Ungleichkeit in OECD-Ländern nimmt zu

Paris, Berlin (epd)Die Einkommensungleichheit ist allerdings in Deutschland - anders als in anderen Ländern - in der Krise nicht weiter gestiegen, sondern bewegt sich auf dem Niveau, die sie 2007 erreicht hatte. Die Grünen warben dafür, im Kampf gegen die Armut die Familienförderung umzustellen. Der DGB sprach von einem Armutszeugnis.

Deutschland liegt im Mittelfeld

Aus der Studie "In It Together - Warum alle von weniger Ungleichheit profitieren" geht hervor, dass Deutschland bei der Einkommensverteilung im Mittelfeld der OECD-Länder liegt. Die Ungleichheit nahm demnach hier seit Beginn der 2000er Jahre stark zu, seit 2007 aber nicht mehr.

Das Vermögen konzentriert sich hingegen immer stärker. Die oberen zehn Prozent besitzen inzwischen 60 Prozent des gesamten Privatvermögens in Deutschland. Im Durchschnitt der OECD-Länder verfügen die reichsten zehn Prozent über die Hälfte des Privatvermögens. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 besaßen die 40 Prozent der ärmsten Haushalte in 18 Ländern, für die entsprechende Daten vorliegen, gerade mal drei Prozent des Privatvermögens.

Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf

Insgesamt geht in den 34 Industrieländern die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auf. Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung verdienen inzwischen zehnmal so viel wie die unteren zehn Prozent. In den 1990er Jahren lag das Verhältnis bei acht zu eins, in den 1980ern bei sieben zu eins.

Noch nie sei die Ungleichheit in den OECD-Ländern so groß gewesen wie heute, erklärte OECD-Generalsekretär Angel Gurría in Paris: "Wir haben einen Wendepunkt erreicht." Die OECD warnte, die stark wachsende Ungleichheit sei nicht nur ungerecht, sondern schwäche die Gesellschaften auch. Wenn bis zu 40 Prozent der Bevölkerung bis hinein in die Mittelschicht abgehängt würden, führe das zu wirtschaftlichen Einbußen. Den Autoren der Studie zufolge hat die steigende Ungleichheit seit 1985 dazu geführt, dass die Wirtschaft in 19 OECD-Ländern zwischen 1990 und 2010 um 4,7 Prozentpunkte weniger gewachsen ist als das bei unveränderter Ungleichheit der Fall gewesen wäre.

Sozial schwach = kurzer Bildungsweg = weniger Lohn

Zunächst mache sich die Einkommensungleichheit bei den unteren Schichten als Bildungsdefizit bemerkbar. Sozial schwache Familien könnten sich längere Bildungswege nicht mehr leisten, heißt es in dem Bericht. Starke Ungleichheit gefährde das soziale Gefüge und längerfristig auch das wirtschaftliche Wachstum, warnte die Europäische Kommissarin für Arbeit und Soziales, Marianne Thyssen.

Schließlich belegt die Studie auch, dass weiterhin atypische Jobs auf dem Vormarsch sind: 60 Prozent der Arbeitsplätze, die seit Mitte der 90er Jahre in der OECD entstanden, sind befristet oder prekär. Die Folge sind erhebliche Lohneinbußen, etwa bei weniger gut ausgebildeten Zeitarbeitern.

An die Regierungen appellierten die Forscher, die Einkommensungleichheit aktiv zu bremsen. Dabei sei die Umverteilung über Steuer- und Sozialsysteme wichtig. Doch das allein reiche nicht aus: Um die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu fördern, müssten qualitativ hochwertige Jobs entstehen und in Bildung und Kompetenzen investiert werden.

DGB fordert gerechtes Steuersystem

"Der OECD-Sozialbericht ist ein Armutszeugnis für Deutschland. Wir brauchen mehr Verteilungsgerechtigkeit", sagte DGB-Vorstand Stefan Körzell. Die Politik müsse umsteuern und die Missstände endlich beheben: "Wir brauchen ein gerechtes Steuersystem, um Reiche und Vermögende stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls zu beteiligen."

Für Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik der grünen Bundestagsfraktion, zeigt die Studie, dass mehr Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen gebraucht werde: "Dafür müssen wir die Familienförderung umstellen." Es trage zur gesellschaftlichen Spaltung bei, wenn Ehefrauen durch die kostenlose Mitversicherung in der Krankenversicherung oder durch Minijobs vom Arbeitsmarkt fern gehalten würden.