Muslimische Friedensrichter sind nach Ansicht des Islamexperten Mathias Rohe keine große Gefahr für die deutsche Gesellschaft. Nach seinem bisherigen Wissen sei die Bedrohung durch solche Parallelinstanzen "sehr überschaubar". Betroffen seien vor allem einzelne Problemmilieus in wenigen deutschen Städten, sagte der Direktor des Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa dem epd anlässlich des Runden Tisches Islam, der sich am Donnerstag in Stuttgart zum Thema "Islam und Rechte" traf.
Grundsätzlich sei außergerichtliche Streitschlichtung erlaubt, in bestimmten Fällen sogar erwünscht, sagte der Juraprofessor. Problematisch werde es dort, wo Menschen unter Druck gesetzt oder Zeugen bedroht werden. Bedenklich würde es, wenn versucht würde, eine "Gegengesellschaft" durchzusetzen, die außerhalb staatlicher Schutzmechanismen Konfliktlösung nur noch in eigener Regie übernimmt.
Kein religiöses, sondern ein kulturelles Problem
Hintergrund der Debatte ist unter anderem das Buch "Richter ohne Gesetz" des langjährigen ARD-Journalisten Joachim Wagner. Darin beschreibt er anhand von mehreren Beispielen eine islamische Paralleljustiz in Deutschland, die seiner Meinung nach das deutsche Rechtssystem zunehmend aushebelt.
Rohe kritisiert an Wagners Buch, dass er nur Fälle behandle, die sich in sehr spezifischen Milieus kurdischer Großclans abspielen. Das Phänomen der Friedensrichter sei eher ein kulturelles Problem als ein religiöses, sagte der Islamwissenschaftler. Rohe forderte die muslimischen Verbände auf, sich weiterhin zur deutschen Rechtsordnung zu bekennen und darauf aufmerksam zu machen, dass diese Rechtsordnung Gerechtigkeit für alle Menschen in diesem Lande erstrebe und ermögliche.