Der deutsch-iranische Schriftsteller und Orientalist sei ein Kosmopolit, der glaubwürdig für Toleranz, Offenheit und Frieden werbe, sagte der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller. Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.
In seiner Dankesrede forderte Kermani die westlichen Gesellschaften auf, entschlossener als bisher gegen den islamistischen Terror vorzugehen. Dies müsse womöglich militärisch, vor allem aber diplomatisch und zivilgesellschaftlich geschehen. Der derzeit herrschende Krieg könne nicht allein in Syrien und im Irak beendet werden, sondern nur von den Mächten, die hinter den befeindeten Armeen und Milizen stünden: Iran, die Türkei, die Golfstaaten, Russland und der Westen.
Es sei beglückend zu sehen, wie viele Menschen in Europa und besonders auch in Deutschland sich für Flüchtlinge einsetzten, sagte Kermani. Aber dieser Protest und diese Solidarität blieben noch zu oft unpolitisch. Es werde keine breite gesellschaftliche Debatte über die Ursachen des Terrors und der Fluchtbewegung geführt. Und auch nicht darüber "inwiefern unsere eigene Politik vielleicht sogar die Katastrophe befördert, die sich vor unseren Grenzen abspielt".
Die Muslime forderte Kermani auf, kritischer mit dem Islam umzugehen. Die Liebe zur eigenen Kultur erweise sich in der Selbstkritik. "Wer heute als Muslim nicht mit ihm hadert, nicht an ihm zweifelt, nicht ihn kritisch befragt, der liebt den Islam nicht." Die allermeisten Muslime lehnten Gewalt ab. Alle Massenaufstände der letzten Jahre in der islamischen Welt seien Aufstände für Demokratie und Menschenrechte gewesen.
Islamisten und Islamkritiker entwerfen nach Kermanis Worten das gleiche Trugbild, dass der Islam einen Krieg gegen den Westen führt. Eher jedoch führe der Islam einen Krieg gegen sich selbst. Die islamische Welt werde von einer inneren Auseinandersetzung erschüttert, deren Auswirkungen auf die politische und ethnische Kartographie an die Verwerfungen des Ersten Weltkriegs heranreichen dürften.
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Der in Siegen als Sohn iranischer Eltern geborene Kermani studierte Islamwissenschaften, Philosophie und Theaterwissenschaft. Neben seiner Tätigkeit als Dramaturg in Mühlheim an der Ruhr und Frankfurt am Main in den 1990er Jahren schrieb er Literaturkritiken und Reportagen. 1994 gründete er im iranischen Isfahan ein internationales Kulturzentrum, das 1997 wieder schließen musste. 2005 habilitierte Kermani im Fach Orientalistik.
Für sein Werk erhielt der 47-Jährige zahlreiche Preise, darunter die Buber-Rosenzweig-Medaille (2011), den Heinrich-von-Kleist-Preis (2012) und den Joseph-Breitbach-Preis (2014). 2009 bekam er den an vier Religionsvertreter verliehenen Hessischen Kulturpreis erst mit Verzögerung. Grund war eine Kontroverse mit dem Mainzer Kardinal Karl Lehmann und dem ehemaligen hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Peter Steinacker um einen Artikel zum christlichen Kreuz.
Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels waren zuletzt der US-amerikanische Informatiker, Musiker und Schriftsteller Jaron Lanier (2014), die weißrussische Schriftstellerin und diesjährige Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch (2013), der chinesische Schriftsteller und Dissident Liao Yiwu (2012) und der algerische Schriftsteller Boualem Sansal (2011).
Als freier Schriftsteller veröffentlichte Navid Kermani unter anderem "Schöner neuer Orient. Berichte von Städten und Kriegen" (2003), die Romane "Dein Name" (2011) und "Große Liebe" (2014), die Reportagen "Ausnahmezustand. Reisen in eine beunruhigte Welt" (2013) und das Werk "Zwischen Koran und Kafka. West-östliche Erkundigungen" (2014).