Mehr Licht für Solidarität mit Flüchtlingen

Lichterkette
Foto: Getty Images/iStockphoto/LewisTsePuiLung
Die Lichterkette soll ein Zeichen setzen, sie soll Flüchtlinge willkommen heißen.
Mehr Licht für Solidarität mit Flüchtlingen
Lichterkette in Berlin
Mit einer rund 30 Kilometer langen Lichterkette durch das Zentrum von Berlin will ein Aktionsbündnis am 17. Oktober um 20 Uhr fünfzehn Minuten lang ein sichtbares Zeichen für die Solidarität mit Flüchtlingen setzen. Pfarrer Peter Kranz, Initiator der Lichterkette und Vorsitzender des Ökumenischen Zentrums, erzählt, warum das symbolische Zeichen der Lichterkette gerade jetzt notwendig ist und ruft dazu auf, am Samstagabend in der Hauptstadt mitzumachen.

Warum ist Ihnen die Lichterkette am Samstag wichtig?

Peter Kranz: Die Idee zu der Aktion wurde im August geboren, als deutschlandweit mehrere Unterkünfte brannten, in denen Asylbewerber untergebracht werden sollten. Damit wollen wir auch im Ausland ein Zeichen setzen. Außerdem kommen täglich rund 100 Flüchtlinge zu uns ins Ökumenische Zentrum in Berlin, weil wir Deutschunterricht anbieten. Das sind Flüchtlinge in der Warteschleife. Wir sind stolz darauf, dass in der Bevölkerung die Hilfsbereitschaft so groß ist. Wir merken aber auch, dass die Zustimmung langsam bröckelt. Noch vor eineinhalb Monaten waren über 60 Prozent aller Deutschen solidarisch mit den Flüchtlingen und 40 Prozent nicht. Jetzt ist es genau umgekehrt. Die Stimmung in den Parteien und bei den Menschen kippt. Deswegen ist es jetzt an der Zeit, ein solidarisches Zeichen für die Flüchtlinge zu setzen. Wir berufen uns dabei auf die Menschenrechtscharta von 1948, Artikel 3, die Deutschland unterschrieben hat:  "Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person." Deswegen rufen wir auch alle Berliner und ihre Freunde dazu auf, sich am Samstagabend an der Lichterkette zu beteiligen und damit weiterhin Solidarität für die Menschen zu zeigen, die abseits im Dunkeln stehen. Das Motto der Aktion ist: "Flüchtlinge willkommen, Fluchtursachen überwinden, Lichtzeichen setzen".

"Eine Lichterkette ist das friedlichste Zeichen gegen Krieg und Gewalt."

Wofür kann das Licht dieser Kette noch stehen?

Kranz: Das Licht wendet sich auch gegen die Ursachen der Flüchtlingswanderungen. Die Ursachen hierfür sind Kriege, Bürgerkriege, Waffenhandel, Landraub, extreme Armut oder Klimawandel. Die Lebensbedingungen werden immer schwieriger. Eine Lichterkette ist das friedlichste Zeichen, das man gegen Krieg und Gewalt geben kann. Licht steht auch für Leben, für Solidarität. Wir wollen damit ein klares Zeichen setzen, dass wir auf der Seite der Flüchtlinge stehen. Diese Menschen kommen nicht zu uns, weil sie unsere Sozialhilfe abgreifen wollen, sondern, weil sie bombardiert werden. Wichtig ist, dass die Fluchtursachen angegangen werden. Und die Fluchtursachen geht man nicht an, wenn man Kriegsschiffe ins Mittelmeer schickt. Oder wenn man mit der Türkei verhandelt, dass sie die Fluchtbewegungen bremst.

Draußen ist Herbst und mit dem Winter wird es noch dunkler und vor allem kälter. Wie beurteilen Sie die Situation, dass viele Flüchtlinge in ihren Zelten frieren?

 Kranz: Das ist furchtbar. In München soll das alles sehr viel besser funktionieren als bei uns in Berlin. Dort haben sie offenbar keine Probleme mit frierenden Flüchtlingen. Ich verstehe nicht, dass die Behörden so träge sind, bis sie sich tatsächlich auf die Unterkunft der Flüchtlinge einstellen. Das hätte man schon im Sommer vor zwei Monaten regeln können. Schon seit einem Jahr weiß man, dass die Flüchtlinge kommen. Das war doch alles absehbar.

Wo genau verläuft die Strecke und wie viele Teilnehmer brauchen Sie für die Aktion?

Kranz: Wir planen die menschliche Lichterkette im Zentrum von Berlin: auf der zentralen Ost-West-Achse von Staaken/Heerstraße über Kaiserdamm, Bismarckstraße, die Straße des 17. Juni, den Pariser Platz, Unter den Linden, Alexanderplatz, Karl-Marx-Allee, Frankfurter Allee bis Kaulsdorf. Damit haben wir Erfahrung. Denn in der Vergangenheit haben wir schon zwei Mal in Berlin Lichterketten initiiert, um friedlich zu protestieren. Im Jahr 2003 haben wir in Berlin eine 30 Kilometer lange Lichterkette mit über 100.000 Teilnehmern gebildet. Das Motto damals war: "Kein Krieg gegen den Irak!" Mit Kerzen und Taschenlampen zogen die Menschen durch die Stadt von Spandau bis Hellersdorf, um ein deutlich sichtbares Lichtzeichen zu setzen. Vor zehn Jahren zogen wir mit über 25.000 Teilnehmern zum 60. Jahrestag des Kriegsendes durch das Brandenburger Tor, über den Alexanderplatz und die Frankfurter Allee entlang. Auch damals ging es um das Problem rassistischer Überfälle und da machten wir eine Lichterkette "Nie wieder Krieg. Nie wieder Rassismus. Nie wieder Ausländerfeindlichkeit". Am Samstag, 17. Oktober 2015, brauchen wir 25.000 bis 30.000 Menschen, damit wir die 30 Kilometer lange Strecke gleichmäßig gut gefüllt bekommen. Gewöhnlich gehen die Menschen gern zu  den Zentren, wie Pariser Platz oder Unter den Linden. Es gibt aber auch immer Orte, wo weniger Leute sind, etwa im Tiergarten, da wohnt niemand oder im Westen von Charlottenburg an der Grenze zu Spandau. Wir müssen dann die Menschen in diese Richtungen bewegen, um Lücken zu vermeiden.

Was passiert, wenn 15 Minuten lang die Lichterkette gebildet wird? Und was ist mit dem Autoverkehr?

Kranz: Das bleibt den Menschen überlassen, was sie dann machen. Sie können ihr Licht in die Dunkelheit halten, miteinander singen oder still gedenken. Noch sind wir mit der Polizei in Verhandlung: Tatsächlich werden viele Straßen für den Autoverkehr gesperrt sein. Große Straßen in der Nord-Süd-Richtung sollen aber für die Autos frei bleiben.

Von der Vogelperspektive aus wird die Lichterkette ein …

Kranz: Ja, sie wird ein grandioses Bild darstellen. Das würde ich gern von oben per Hubschrauber sehen. Aber ich bin natürlich mit dabei, unten, bei den Menschen auf der Straße.

Glauben Sie, dass genügend Teilnehmer kommen werden?

Kranz: Ich bin optimistisch, dass genügend Menschen kommen. Wir haben eine große Unterstützung. Alle Abgeordnetenhaus-Parteien machen mit, die großen Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen und viele Stadtteilvereine. Auch soll es nicht regnen, sondern nur bewölkt sein.