Das Vorhaben, Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive nur noch das physische Existenzminimum zur Verfügung zu stellen, sei "klar menschenrechtswidrig", sagte Wiebke Judith von Amnesty International am Mittwoch in Berlin. Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sprach von einem "Programm zur Entwürdigung von Menschen".
Hintergrund ist der aktuelle Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums, der unter anderem zum Ziel hat, Asylverfahren zu beschleunigen sowie Menschen ohne Anrecht auf einen Aufenthaltsstatus schneller zurückschicken zu können. Er sieht eine Kürzung der Sozialleistungen vor für Asylbewerber, die selbstverschuldet eine Ausreise verhindern, einem anderen europäischen Staat zugeteilt werden oder in einem anderen EU-Land bereits anerkannt wurden. Die entsprechende Passage wurde zwar bereits entschärft, trotzdem werden nach Schätzung von Pro Asyl Zehntausende Flüchtlinge von einer Kürzung betroffen sein.
Amnesty-Expertin Judith sagte, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass auch Flüchtlingen das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum zur Verfügung gestellt werden müsse. Das heißt, dass nicht nur ihr Bedarf an lebensnotwendigen Gütern gesichert ist, sondern auch ein gewisses Maß an sozialer Teilhabe ermöglicht wird. Dies dürfe nicht an die Bleibeperspektive gebunden werden. Der aktuelle Gesetzentwurf stehe in klarem Kontrast zu diesen Vorgaben.
Auf Kritik stößt bei den Verbänden außerdem der Plan, die Maximalaufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate auszuweiten. Harald Löhlein vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sagte, dies bedeute für die Asylbewerber sechs Monate Arbeitsverbot, weil sie in Erstaufnahmeeinrichtungen generell keine Beschäftigung aufnehmen dürfen. Dies konterkariere auch die jüngsten Gesetzesänderungen, die das Arbeitsverbot auf die Dauer von drei Monaten beschränkten.