Fulda (epd)Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat den Hamburger Erzbischof Stefan Heße zum Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen ernannt. Mit diesem Schritt unterstrichen die Bischöfe, wie wichtig diese Aufgabe angesichts der steigenden Flüchtlingszahl in Deutschland sei, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Dienstag in Fulda. Als Sonderbeauftragter werde Heße Ansprechpartner und Koordinator für bistumsübergreifende Flüchtlingshilfe.
Meinungsaustausch zur Flüchtlingshilfe
Die Flüchtlingsfrage bildet einen Schwerpunkt der viertägigen Herbst-Vollversammlung der 65 katholischen Bischöfe. Am Montag hatten es einen Meinungsaustausch der Bischöfe mit Praktikern der Flüchtlingshilfe gegeben, darunter Bürgermeister, Caritas-Direktoren. Migrationsbeauftragte und Ehrenamtliche.
In den nächsten Tagen werde geklärt, welche Aufgaben Heße mit einem Arbeitsstab unterstützend für die Bistümer übernehme. Ein erstes Schwerpunktthema werde die Bereitstellung von Wohnraum sein, ergänzte Marx. Zudem gehe es um die weitere Erhebung der vielfältigen Aktivitäten kirchlicher Flüchtlingsarbeit beispielsweise in den Kirchengemeinden. Der 49-jährige Heße steht seit März an der Spitze des Erzbistums Hamburg, davor war er Generalvikar in Köln.
Aus der Willkommenskultur müsse mittelfristig eine tragfähige "Kultur der Integration" werden, sagte Marx über anstehende Aufgaben nach der Erstaufnahme der Flüchtlinge. Bisher habe die katholische Kirche in diesem Jahr für Flüchtlingshilfe nahezu 100 Millionen Euro bereitgestellt. Davon entfielen auf die Unterstützung von Flüchtlingen in Deutschland 66,5 Millionen Euro, auf die Arbeit der Hilfswerken in den Herkunftsländern rund 32 Millionen.
Mehr als 800 Unterkünfte und Wohnungen seien von Bistümern, Orden, Verbänden und Pfarrgemeinden mietfrei zur Verfügung gestellt worden, sagte Kardinal Marx. Rund 3.000 hauptamtliche Mitarbeiter engagierten sich für Flüchtlinge. Die Zahl der ehrenamtlichen Helfer wird auf 100.000 geschätzt.
Kardinal Rainer Woelki sagte: "Flüchtlinge unterstützen wir auch, indem wir uns öffentlich für eine ihre Würde achtende Politik einsetzen." Vordringlich gehe es auch darum, den Menschen in ihrer Heimat und Deutschland besser berufliche Perspektiven zu eröffnen, betonte der Erzbischof von Köln, der die Caritas-Kommission der Bischofskonferenz leitet.
Fluchtursachen bekämpfen
In seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst wandte sich Kardinal Marx am Dienstag gegen alle Bestrebungen zur Abgrenzung. "Wer sich auf die Flucht begeben muss, will neue Wege der Zugehörigkeit und der Gemeinschaft und vor allem der Geborgenheit finden. Wir werden die Probleme aber nicht lösen, wenn wir Mauern aufbauen und Abgrenzungen in Gang bringen."
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz rief dazu auf, die Fluchtursachen zu bekämpfen: "Wir stehen in einem neuen Zeitalter der Heimatlosigkeit." Kriege, Gewalt, Hass und Besitzgier seien einige der Ursachen von Flucht. Marx warnte davor, auf Gewalt, Zäune und Mauern im 21. Jahrhundert zu setzen: "Wir brauchen Dialog, Gerechtigkeit, die Austrocknung der Gewalt und Hoffnung für die Völker, dass sie vorankommen im Kampf gegen Ungerechtigkeit und Verfolgung."
Gegenwärtig sei die Frage nach Heimat und Identität besonders drängend, sagte Marx. Dafür seien die Deutschen mit den historischen Erfahrungen der Vertreibung und Wiedervereinigung besonders sensibel. Heimat werde verloren und müsse wieder gefunden werden, um Identität, Zugehörigkeit und Miteinander zu erfahren. "Gerade wir in Deutschland können diese Geschichte aufgrund unserer Vergangenheit erzählen", sagte der Erzbischof von München und Freising.