Berlin (epd)"Alles was man da sagt, führt zu einer merkwürdigen psychologischen Wirkung", sagte Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag im "Morgenmagazin" des ZDF. Nach einer Prognose des Ministers vom August sind bis zum Jahresende rund 800.000 Flüchtlinge in Deutschland zu erwarten. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) rechnet indes mit bis zu einer Million Flüchtlingen.
Zu den am Wochenende wieder eingeführten Grenzkontrollen vor allem an der bayerisch-österreichischen Grenze sagte de Maizière, diese seien "keine Dauerlösung", aber auch "keine Eintagsfliege". Die Bundesregierung hatte mit der Wiederaufnahme der Grenzkontrollen am Sonntag auf den anhaltenden Flüchtlingszustrom reagiert. Auch Österreich und die Slowakei haben inzwischen eine Überwachung ihrer Grenzen angekündigt. Derweil riegelte Ungarn seine Übergänge nach Serbien ab, wo derzeit viele Flüchtlinge auf eine Weiterreise gen Westen hoffen.
Kontrollen bald beenden
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), plädierte dafür, die Grenzkontrollen bald wieder zu beenden. "Mehr als einige wenige Wochen sollten es auf keinen Fall sein. Ich bin ein Freund offener Grenzen in Europa", sagte der rheinland-pfälzische Innenminister der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Dienstagsausgabe).
"Deutschland hat in den letzten Monaten durchaus unter Beweis gestellt, was es in Sachen Flüchtlingsaufnahme leisten kann", betonte der SPD-Politiker. Trotzdem seien die Grenzkontrollen richtig. "Wir haben in den letzten Tagen gemerkt, dass wir an ein Limit kommen und uns neu organisieren müssen. Wir können keinen unkontrollierten Zustrom nach Deutschland zulassen", sagte Lewentz.
Aufgrund der aktuellen Lage will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstagabend kurzfristig mit den Regierungschefs der Bundesländer treffen. Am Mittag trifft sie den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann zu einem Arbeitsessen.
Ein "wichtiger Schritt"
Die EU-Mitgliedsstaaten ringen unterdessen weiter um eine gleichmäßigere Verteilung von Flüchtlingen in Europa. Auf einem Sondertreffen am Montag in Luxemburg einigten sich die EU-Innenminister im Grundsatz darauf, 160.000 Flüchtlinge aus besonders belasteten europäischen Staaten umzusiedeln. Allerdings ist noch nicht klar, welches Land wie viele Menschen aufnehmen wird.
Über einen entsprechenden Quoten-Plan der EU-Kommission werde der Innenministerrat wohl erst am 8. Oktober einen Beschluss fällen, sagte de Maizière (CDU) am Montagabend. Die politische Verständigung vom Montag sei ein "wichtiger Schritt", unterstrich der Minister. Er sei "aber noch entfernt von dem, was wir erwarten an Solidarität innerhalb der Europäischen Union". Die Bundesregierung gehört zu den Befürwortern eines festen Verteilschlüssels für Flüchtlinge auf EU-Ebene. Widerstand kommt hingegen vor allem aus östlichen EU-Staaten