Der zweite Bayerische Asyl-Gipfel hat durch die Ereignisse am Münchner Hauptbahnhof besondere Brisanz erhalten. Die Staatsregierung setzt auf schnelle Asylverfahren, die Kirchen warnen vor Verunglimpfung von Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, mahnt einen humanen Umgang mit Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive an. Auch diese Menschen seien verzweifelt, selbst wenn sie aus keiner Kriegsregion kämen, sagte Bedford-Strohm am Donnerstag nach dem zweiten bayerischen Asyl-Gipfel in der Münchner Staatskanzlei. Staatskanzlei-Chef Marcel Huber (CSU) bezeichnete den steigenden Flüchtlingsandrang in Bayern und Deutschland als "größte humanitäre Herausforderung dieses Jahrhunderts".
Bei dem Treffen, zu dem Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eingeladen hatten, waren Kabinettsmitglieder, Kommunalpolitiker sowie Vertreter von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden zusammengekommen, um über den Umgang mit den steigenden Flüchtlingszahlen zu sprechen.
Bedford-Strohm: Kehren Balkanflüchtlinge in ihre Heimat zurück, stehen sie oftmals vor dem Nichts
Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, sagte, womöglich seien die Menschen vom Westbalkan auf Versprechungen von Schlepperbanden hereingefallen, hätten ihr Haus verkauft oder Schulden gemacht, um nach Deutschland zu kommen. Wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, stünden sie oftmals vor dem Nichts. Der vielfach verwendete Begriff "Asylmissbrauch", sollte daher vermieden werden.
Gegen Aufnahmezentren für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive - wie das am Dienstag in Manching eröffnete - habe er nichts einzuwenden, sagte der Landesbischof. Er begrüße, dass prinzipiell Asylverfahren verkürzt werden sollen. Wichtig sei aber, dass auch in einem solchen Aufnahmezentrum, wo vor allem Flüchtlinge vom Westbalkan unterkommen, jeder Asylantrag einzeln geprüft und der rechtsstaatliche Weg eingehalten wird.
Huber: Die Welt hat ein positives Bild von Deutschland bekommen
Huber erklärte, was sich Anfang der Woche am Münchner Hauptbahnhof mit mehr als 3.000 angekommenen Flüchtlingen innerhalb von zwei Tagen zugetragen habe, habe alle Beteiligten an ihre Grenzen gebracht. Er danke den vielen freiwilligen Helfern, die die Flüchtlinge innerhalb kurzer Zeit mit Essen, Getränken, Hygiene-Artikeln und Kuscheltieren versorgt hatten.
Die Welt habe so ein positives Bild von Deutschland bekommen, sagte Huber. Die Unterstützung von Flüchtlingen müsse von Menschenwürde, Humanität und Hilfsbereitschaft geleitet sein. Dennoch müsse klar sein, dass Flüchtlinge ohne Asylgrund - wie etwa Menschen vom Westbalkan - wieder in ihre Heimat zurückgeführt werden.
Der Präsident des Bayerischen Städtetags, der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), sprach die Herausforderungen in Sachen Integration an: Derzeit betrage die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in einer Erstaufnahmeeinrichtung sechs bis sieben Monate, rund 40 Prozent der Asylbewerber erhielten einen positiven Bescheid. Die Anstrengung sei nun, diese Menschen und ihre nachziehenden Familien zu integrieren: Dazu brauche es etwa Sprachkurse, Kitas, Schulen, Sonderbegleitung für minderjährige Flüchtlinge sowie mehr sozialen Wohnungsbau. Hier müsse auch der Bund aktiv werden und seine Mittel erhöhen, forderte Maly.
"Wir schaffen Herberge"
Zur Wohnsituation sagte Bischof Bedford-Strohm, dass die Landeskirche bis Ende kommenden Jahres 100 Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge bereitstellen werde. Dazu sei eine Taskforce "Wir schaffen Herberge" eingerichtet worden. Zudem werde man der Landessynode vorschlagen, zehn Millionen Euro für Flüchtlingsunterkünfte im Nachtragshaushalt zur Verfügung zu stellen. Im kommenden Jahr sollen noch einmal zehn Millionen Euro in einen Notfonds fließen. "Ich bin mir sicher, dass wir damit bei der Landessynode offene Türen einrennen werden", sagte Bedford-Strohm.
Staatskanzlei-Chef Huber kündigte an, dass die Mittel für die Asylsozialberatung im Haushalt verdoppelt werden sollen. Deutschland rechnet in diesem Jahr mit rund 800.000 neuen Asylbewerbern, Bayern mit mehr als 120.000.