Diakonie Katastrophenhilfe fordert eine andere Flüchtlingspolitik

Foto: dpa/Maurizio Gambarini
Diakonie Katastrophenhilfe fordert eine andere Flüchtlingspolitik
Die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, fordert ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik. Die Politik müsse legale Wege nach Europa schaffen und an den Fluchtursachen in den Herkunftsländern arbeiten, sagte Füllkrug-Weitzel in Stuttgart.

Eine Sperre des Seewegs nach Europa werde nur dazu führen, dass Flüchtlinge den Landweg über den Balkan wählten. Die armen Länder dort seien jetzt schon mit den Flüchtlingsströmen überfordert.

Scharfe Kritik übte die Präsidentin an der Flüchtlingsdiskussion in Deutschland. "Rechtsradikale Krawallschachteln dürfen die Berichterstattung und den öffentlichen Ton bestimmen", sagte sie. Dabei würden weltweit neun von zehn Flüchtlingen und Vertriebenen nicht in Industrienationen, sondern in Entwicklungsländern aufgenommen, 25 Prozent sogar in den allerärmsten Ländern. Auch in Deutschland sei die Solidarität in der Bevölkerung "weit größer als die rassistischen Brandanschläge verirrter Minderheiten".

Die Diskussion um Wirtschaftsflüchtlinge nannte Füllkrug-Weitzel eine Scheindebatte. Wirtschaftsflüchtlinge seien auch die Menschen, die durch die westliche Wirtschafts-, Klima- und Waffenexportpolitik zu Flüchtlingen gemacht würden. Die Politik der Industrienationen entziehe vielen Menschen die Lebensgrundlage. Die Präsidentin sagte weiter, die Verantwortung für Konfliktgebiete beginne Jahre bevor eine Krise ausbreche. Die meisten gewaltsamen Auseinandersetzungen wie etwa der Kampf des "Islamischen Staats" seien absehbar gewesen.

Die Diakonie Katastrophenhilfe legte in Stuttgart ihre Jahresbilanz vor. Sie hatte im vergangenen Jahr Spendeneinnahmen von 17,9 Millionen Euro. 2013 waren es noch 36,8 Millionen. Der Leiter der Katastrophenhilfe, Martin Keßler, führte den Rückgang darauf zurück, dass 2013 aufgrund der Flut in Deutschland und einem Taifun auf den Philippinen die Spendenbereitschaft besonders hoch gewesen sei. Die meisten Spenden kamen im vergangenen Jahr mit 2,8 Millionen Euro aus Württemberg.

Die Einnahmen aus öffentlichen Mitteln sind laut Keßler im vergangenen Jahr von 14,5 auf 15,7 Millionen Euro gestiegen und hätten damit den höchsten Stand in der Geschichte der Diakonie Katastrophenhilfe erreicht. Das evangelische Hilfswerk unterstützte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 172 Projekte in 40 Ländern. Dazu gehörten auch Regionen, die wieder aus den Schlagzeilen verschwunden seien wie die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo oder der Südsudan.

Eine spezielle Hilfe für Christen, die aus islamischen Ländern fliehen, lehnte Präsidentin Füllkrug-Weitzel ab. Als humanitäres Hilfswerk habe man sich zur Diskriminierungsfreiheit verpflichtet. Das sei in vielen Ländern die Voraussetzung, um überhaupt dort arbeiten zu können. Außerdem seien in den Ländern, die Christen vertreiben, auch andere religiöse Minderheiten Opfer von Gewalt.