Dies zeige sich unter anderem an den Tausenden Anfragen von verzweifelten Eltern, die ihre Kinder im Kinderdorf abgeben möchten, sagte der Pressesprecher der Kinderdörfer weltweit, Louay Yassin, am Dienstag im WDR-Radio. Handele es sich um gut funktionierende Familien, die "nur arm" seien, würden die Kinder natürlich nicht aufgenommen. Die Familien dürften nicht zerrissen werden. Aber es gebe mittlerweile sieben SOS-Sozialzentren in Griechenland, an die sich Familien in Not wenden könnten.
Einmal im Monat könnten Familien von den Zentren Nahrung und Kleidung erhalten, erläuterte Yassin. "Aber wichtig ist hier die Beratung, denn in dieser Beratung kommt dann heraus, was wichtiger ist als Nahrung." Manche Eltern seien schwer depressiv und benötigten psychologische Betreuung. Manche Kinder hätten in der Schule nachgelassen, weil sie unter der Armutssituation leiden. Auch sie benötigten psychologische Betreuung.
Auf Menschen statt auf Banken eingehen
Die Verelendung in Griechenland zeige sich genau darin, dass "ganz normale Familien" durch die Arbeitslosigkeit vor dem Nichts stehen, betonte Yassin. In Griechenland gebe es nur ein Jahr lang Arbeitslosengeld in Höhe von bis zu 550 Euro pro Familie. Danach gebe es für arbeitslose Familien ausschließlich Kindergeld in Höhe von 40 Euro pro Monat und pro Kind. "In einer solchen Situation wenden sich die Familien an uns."
Mit Blick auf die Verhandlungen über ein neues EU-Rettungspaket kritisierte Yassin, dass die Situation für die Menschen sich nicht dadurch verbessere, indem einfach der bisherige Kurs eingehalten werde. Statt auf die Banken müsse vielmehr auf die Menschen eingegangen werden, forderte er. Die Wirtschaft müsse angekurbelt werden, und die Menschen müssten wieder Chancen auf einen Arbeitsplatz haben. "65 bis 70 Prozent aller jungen Menschen in Griechenland haben keine Arbeit." Es gebe einfach keine Stellen für sie.