Viel Lob für den Papst: Die Umwelt-Enzyklika von Franziskus ist bei den Protestanten auf große Zustimmung gestoßen. Viele der angemahnten Punkte zu weltweiter Ungerechtigkeit und Klima würden von der evangelischen Kirche seit Jahren vertreten, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, am Freitagabend in Fürstenfeldbruck bei München. Auch der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Bischof Karl-Hinrich Manzke, und die Hamburg-Lübecker Bischöfin Kirsten Fehrs würdigten das päpstliche Lehrschreiben.
In seiner in der vergangenen Woche veröffentlichten Enzyklika "Laudato si - Über die Sorge für das gemeinsame Haus" übte das römisch-katholische Kirchenoberhaupt scharfe Kritik am Umgang der Menschen mit dem Planeten. Der Papst zeigt sich darin in großer Sorge um die Schöpfung und fordert ein weltweites Umdenken zu ihrem Erhalt.
Die reichen Staaten müssten ihr Verhalten überdenken und dürften nicht dauerhaft auf Kosten der ärmeren leben, bekräftigte Bedford-Strohm. So würden in den USA jährlich 18 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoßen und in Deutschland zehn Tonnen, während es in ärmeren Ländern nur ein Bruchteil sei. Die ärmsten Länder seien aber die ersten Opfer des Klimawandels, beispielsweise durch Dürren. "Ich glaube, ich lebe glücklicher, wenn ich aufhöre gegen die anderen zu leben", sagte der bayerische Landesbischof. Er forderte ein umwelt- und klimapolitischer Umdenken auf allen Eben. Auch jeder Einzelne müsse neue Umgangsformen mit Ressourcen finden.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, lobte auf der gleichen Ökumene-Veranstaltung in Fürstenfeldbruck: "Die Enzyklika ist ein großer Wurf und ein reicher Schatz an Impulsen." Marx übte scharfe Kritik am Kapitalismus. Dass dieser sich als Wirtschaftssystem zunehmend durchsetze und die Armen dabei auf der Strecke blieben, "das dürfen wir nicht akzeptieren", sagte er. Soziale Marktwirtschaft sei nicht dasselbe wie Kapitalismus. "Wir müssen über den Kapitalismus hinausdenken", forderte der Kardinal.
Marx betonte - wie auch Bedford-Strohm - die große Verantwortung der Kirche. Es werde oft so getan, als sei die große Zeit des Christentums vorbei, dabei "liegt die große Geschichte erst vor uns", sagte er. Bei den großen Themen der Menschheit wie Klima, Bewahrung der Schöpfung oder universelle Menschenrechte müsse sich das Christentum einbringen. Die Menschen sollten ihre Vorstellungen von gutem Leben überdenken.
Der Catholica-Beauftragte der lutherischen VELKD-Kirchen, Bischof Karl-Hinrich Manzke (Bückeburg), würdigte die Enzyklika als "Impuls für einen 'neuen Dialog' über die Gestaltung der Zukunft unseres Planeten". Der päpstliche Text zeichne sich durch ein hohes Maß an Sachkenntnis aus. In wünschenswerter Deutlichkeit weise er auf den unauflöslichen Zusammenhang hin zwischen dem Umgang mit der Natur und der kulturellen Krise des menschlichen Zusammenlebens, erklärte Manzle in einer am Samstag in Hannover veröffentlichten Stellungnahme.
Franziskus propagiere eine "ökologische Umkehr", für die Tugenden wie Dankbarkeit, Gemeinsinn und Demut leitend seien, so Manzke. Angesichts der globalen ökologen Herausforderung täten die Kirchen gut, daran, sich der "Sorge um das gemeinsame Haus" gemeinsam zu stellen.
Bischöfin Fehrs nannte die Papst-Enzyklika "beeindruckend". Weltweit wachse das Bewusstseins für den Klimaschutz, sagte sie am Sonntag bei der Hamburger Fahrradsternfahrt. Daran nahmen mehrere Tausend Radler teil. Die Aktion wirbt für mehr Radverkehr und eine umweltgerechte Verkehrspolitik.