Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat in der Sterbehilfe-Debatte vor dem "tötenden Arzt" gewarnt. "Man soll nicht durch den Arzt sterben, aber an der Hand des Arztes in den Tod begleitet werden", sagte Montgomery am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin". Der Arzt wolle helfen und begleiten, nicht aber den Patienten umbringen, betonte der Ärztepräsident. Er wies zugleich auf die vielfältigen Möglichkeiten der Schmerzbekämpfung in der Palliativmedizin hin.
Eine fraktionsübergreifende Abgeordnetengruppe um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) und die SPD-Politiker Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und Carola Reimann will am Mittwochvormittag einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorstellen. Dieser definiert laut Medienberichten Bedingungen, unter denen Ärzte Beihilfe zum Suizid für unheilbar erkrankte Patienten leisten dürfen. Insgesamt liegen damit im Parlament vier Positionen zum Umgang mit Sterbehilfe-Organisationen vor.
"Beim friedlichen Einschlafen helfen"
Hintze erläuterte am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin", der Vorschlag der Gruppe solle Ärzte bei Sterbehilfe nicht nur strafrechtlich, sondern auch zivilrechtlich absichern. "Wir wollen eine zivilrechtliche Regelung, die das Arzt-Patienten-Verhältnis schützt und sicherstellt, dass ein todkranker Mensch, der schwere Qualen leidet und dem die Palliativmedizin nicht helfen kann, dass der seinen Arzt bitten darf, ihm beim friedlichen Entschlafen zu helfen", sagte der CDU-Politiker.
Strafrechtlich sei das heute zulässig, aber das ärztliche Standesrecht sei "da sehr unterschiedlich", erklärte Hintze. So sei die Hilfe des Arztes beispielsweise in Bayern erlaubt, in Berlin aber nicht. "Wir wollen den Arzt vor standesrechtlichen Sanktionen schützen, wenn er dem Patientenwunsch folgt, ihm beim friedlichen Entschlafen zu helfen", sagte Hintze.
Der Bundestagsvizepräsident betonte: "Ich setze auf die Würde des Menschen. Kern der Menschenwürde ist die Selbstbestimmung. Und wer voll einwilligungsfähig ist, wer volljährig ist, wer das mit seinem Arzt bespricht und ein zweiter Arzt auch dazukommt, der muss das Recht haben zu sagen: Ich habe die Bitte, dass du mir beim friedlichen Entschlafen hilfst."
Unterdessen warnte Ärztepräsident Montgomery: "Wenn wir die ärztliche Sterbehilfe als einen normalen Tatbestand unseres täglichen Umgangs machen würden, würde das zu einem gesellschaftlichen Anspruch, wie wir das in Holland, in Belgien und in vielen anderen Ländern erleben." Er äußerte die Befürchtung, dass dann "Menschen auch aus sozialem Druck gedrängt werden, den schnellen Exit statt das würdevolle Ende eines Lebens in Palliativ- und Hospizbegleitung zu wählen."
Es sei Aufgabe des Arztes zu lindern oder zu helfen, "aber nie zu töten", betonte Montgomery. Ein guter Arzt werde niemals mit einem Tablettenbecher neben dem Patienten sitzen und zusehen, wie er sterbe. "Damit hätten wir in Deutschland die Tötung auf Verlangen. Das ist letztlich das Ziel des Gesetzentwurfes von Herrn Hintze. Und deswegen lehne ich ihn ab."
Die Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland wie der Suizid selbst nicht verboten. Das nutzen Sterbehilfeorganisationen. Im Bundestag wird derzeit um den Umgang mit der organisierten Form des assistierten Suizids gerungen. Das Parlament will im Herbst über eine gesetzliche Regelung abstimmen.