Der Migrationsforscher Mark Terkessides fordert, anerkannten Asylbewerbern in Deutschland schneller ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. "Das heißt, dezentral unterbringen, schnell in Arbeit bringen, also aus der staatlichen Fürsorge herausholen", sagte der Wissenschaftler und Autor am Dienstag im WDR-Radio. Fürsorge sei sicher am Anfang positiv, doch habe Deutschland zu wenig daran gearbeitet, dieses Abhängigkeitsverhältnis loszuwerden. Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen sollte es das Ziel sein, diese Menschen handlungsfähig zu machen und ihnen nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verweigern.
Anlässlich des Fürsorgetags, der am Dienstag in Leipzig beginnen sollte, beklagte Terkessides auch mangelnde Aufmerksamkeit für vernachlässigte und benachteiligte Flüchtlings- beziehungsweise Zuwanderergruppen. Zuwanderer aus Südosteuropa, vor allem Roma, würden oftmals kaum in der Nachbarschaft geduldet. Hilfsprojekte für Roma hätten es schwer, Spendengelder einzutreiben. Die Bevölkerung tue sich in vielen Fällen leichter mit der Akzeptanz von Bürgerkriegsflüchtlingen, etwa aus Syrien. "Es gibt ganz klar eine Aufteilung, welche Flüchtlinge man zurzeit legitim und gut findet."
Die geplante Protestaktionen gegen Tausende Flüchtlingstote im Mittelmeer in Form einer demonstrative Beerdigung von Flüchtlingsleichen durch die Aktionsgruppe "Zentrum für politische Schönheit" in Berlin möge geschmacklos wirken. Doch müsse auf das Thema der unzähligen Toten aufmerksam gemacht werden, sagte der Wissenschaftler. An der Berliner Mauer habe man sich über jeden Toten aufgeregt, "aber wenn im Mittelmeer Tausende von Leuten umkommen, dann ist das eigentlich egal."