Im Fall einer Kopftuch tragenden Rechtsreferendarin hat das Bezirksamt Neukölln die Einstellung der Muslimin unter Einschränkungen akzeptiert. Die angehende Juristin könne ihre Ausbildungsstation im Rechtsamt Neukölln antreten, teilte das Bezirksamt am Dienstag in Berlin mit. Sollte sie allerdings in dieser Zeit ein Kopftuch tragen, dürfe sie "keine hoheitlichen Aufgaben mit Außenwirkung" übernehmen. Damit folge das Bezirksamt einer Vorgabe des Kammergerichtes als Ausbildungsbehörde für Rechtsreferendare zum Umgang mit dem Tragen religiöser Symbole.
Zugleich forderte das Bezirksamt den Berliner Senat auf, in der Frage einer möglichen Neuregelung des Berliner Neutralitätsgesetzes nach dem letzten Kopftuch-Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes eine Grundsatzentscheidung für alle Verwaltungen zu treffen. Der Fall der muslimischen Rechtsreferendarin Betül U. hatte in den vergangenen Tagen für Wirbel gesorgt.
Neutralitätsgesetz lässt Ausnahmen zu
Die 26-Jährige hatte Medienberichten zufolge mitgeteilt, ihr sei im Bezirksamt Neukölln ein telefonisch zunächst zugesagter Referendariatsplatz verweigert worden, nachdem sie sich persönlich vorgestellt habe. Dieser Darstellung widersprach das Bezirksamt. Vielmehr sei bei dem Gespräch unter Berufung auf zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes mitgeteilt worden, dass wegen ihres Kopftuches ihre Einsatzmöglichkeiten und Einsatzorte als Rechtsreferendarin erst geprüft werden müssten.
Der Berliner Staatsrechtler Christian Pestalozza sprach von einem Einzelfall, "den man locker angehen" sollte und, falls notwendig, flexibel auf der Grundlage des Berliner Neutralitätsgesetzes entscheiden könne. Pestalozza sagte vor der Entscheidung des Bezirksamtes am Dienstag dem RBB-Inforadio, der Muslimin könne der Referendariatsplatz nur verwehrt werden, wenn das Neutralitätsgesetz dies erlauben würde. Aber selbst wenn die Rechtsreferendarin hoheitlich tätig werden würde, lasse das Neutralitätsgesetz für den Vorbereitungsdienst, also die Zeit der Ausbildung, noch Ausnahmen vom Kopftuchverbot zu, sagte der emeritierte Jura-Professor.
Dabei verwies der Staatsrechtler auf den jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Kopftuchtragen im öffentlichen Dienst. Danach ist für ein Verbot eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Friedens nötig. Wenn diese aber vorab nicht festzustellen sei, müsse die konkrete Ausnahme getroffen und die Rechtsreferendarin zugelassen werden.