Ohne Tarifeinheit würden die Eigeninteressen einzelner Berufsgruppen die betriebliche Solidarität weiter aushöhlen, sagte der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Gerhard Wegner, am Montag im Deutschlandradio Kultur. Konkurrierende Gewerkschaften mit unterschiedlichen Tarifverträgen in einem Unternehmen könnten das bewährte Prinzip der Tarifpartnerschaft infrage stellen und zu "schweren wirtschaftlichen Verwerfungen" führen, warnte er.
Über das Tarifeinheitsgesetz sollte am Montag in einer Anhörung im Bundestag beraten werden. Die EKD hatte in der vergangenen Woche eine Denkschrift vorgelegt, in der es heißt, das Spartengewerkschaften in einer funktionierenden Tarifautonomie eine Ausnahme bleiben müssten. Spartengewerkschaften hätten "oftmals ein erhebliches Erpressungspotenzial zulasten der Gesamtbelegschaften", gibt das Papier "Solidarität und Selbstbestimmung im Wandel der Arbeitswelt" zu bedenken.
Die EKD sei sich in der Frage der Tarifeinheit weitgehend einig mit dem DGB, den meisten Arbeitgeberverbänden und der Regierung, sagte Wegner, der an der Denkschrift mitgearbeitet hat. Das Prinzip der Tarifpartnerschaft erodiere schon seit längerem. Daran hätten zum Teil auch Arbeitgeber Schuld, indem sie Tarifverträge hätten schleifen lassen oder Verträge mit kleineren Gewerkschaften abgeschlossen hätten. Die Entwicklung sei insgesamt nicht gut für die soziale Stabilität in Deutschland.
Zu Stimmen aus den Christlichen Gewerkschaften, die die Tarifeinheit ablehnen, sagte Wegner, diese Gewerkschaften könne man nicht einfach zur evangelischen Kirche zählen. Sie operierten eher im Sinne von Berufsgruppen und hätten damit schon immer das Prinzip der gewerkschaftlichen Solidarität bedroht.
Grundsätzlich forderte Wegner Christen auf, sich in den Gewerkschaften zu engagieren. Christen sollten sich für Solidarität, Menschlichkeit und Selbstbestimmung in der Arbeitswelt einsetzen.