In einer von bisher 135 Professoren und Praktikern unterzeichneten Stellungnahme, die der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochsausgabe) vorliegt, heißt es: "Mit der Strafbarkeit des assistierten Suizids würde die in den letzten Jahren durch den Bundesgesetzgeber und die Gerichte erreichte weitgehende Entkriminalisierung des sensiblen Themas Sterbehilfe konterkariert."
Die Unterzeichner warnen vor einem "Systembruch, dessen Auswirkungen nicht absehbar sind". Das geltende Polizei- und Strafrecht reiche aus. Es sei verfehlt, nun etwa das Arzt-Patienten-Verhältnis "in einen Graubereich möglicher Strafbarkeit zu ziehen".
Die renommierten Strafrechtslehrer weisen in ihrer Resolution darauf hin, dass in Hospizen und Palliativstationen "tagtäglich organisiert Sterbehilfe geleistet" werde. Dabei komme es in vielen Fällen zu einer Verkürzung der verbleibenden Lebenszeit. Gleichwohl sei die Tätigkeit dieser Einrichtungen "uneingeschränkt positiv zu bewerten" und dürfe nicht mit Strafbarkeitsrisiken gehemmt werden.
Das Recht auf Selbstbestimmung jedes Menschen umfasse auch das eigene Sterben. Das habe auch der Gesetzgeber mit dem Patientenverfügungsgesetz aus dem Jahr 2009 ausdrücklich anerkannt. "Eine Strafbarkeit der Suizidbeihilfe greift in das Selbstbestimmungsrecht unverhältnismäßig ein", schreiben die Strafrechtler in dem Aufruf. Sie plädieren deshalb dafür, das ärztliche Berufsrecht so zu vereinheitlichen, dass die Hilfe beim Suizid als ärztliche Gewissensentscheidung zulässig bleibe.
Im Bundestag wird seit Monaten über Fraktionsgrenzen hinweg über ein mögliches Verbot organisierter Hilfe beim Suizid verhandelt. Eine erste Lesung dazu soll Anfang Juli stattfinden. Im Mittelpunkt steht dabei ein mögliches Verbot von Organisationen, die Suizidwilligen Hilfe bei der Selbsttötung anbieten. In Deutschland steht die Hilfe zum Suizid wie der Suizid selbst nicht unter Strafe. Die Tötung auf Verlangen, bei der ein Medikament direkt verabreicht wird, ist allerdings strafbar.