Dass Osama Almasri erst seit fünf Monaten in Deutschland lebt, ist ihm kaum anzumerken. Wenn der 19-jährige Syrer, der im November mit seinen Eltern und Geschwistern nach Düsseldorf gekommen ist, von seinem Alltag und seinen Zukunftsplänen erzählt, dann spricht er deutsch. "Es macht Spaß, Deutsch zu lernen", sagt er. Zurzeit besucht Osama Almasri einen Sprachkurs an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, später würde er gerne Medizin studieren. Dass der junge Mann bereits in der Lage ist, sich in der fremden Sprache zu unterhalten, hat er seiner hohen Motivation zu verdanken - und Sibylle Berg.
Die gelernte Erzieherin ist ehrenamtliche "Kulturvermittlerin" im Düsseldorfer Stadtteil Garath. Sie steht der sechsköpfigen Familie Almasri jederzeit für Fragen zur Verfügung und hilft bei sprachlichen und kulturellen Barrieren, ist quasi Dolmetscherin für Alltag und Kultur in Deutschland. Sie zeigt der Familie Ausflugsmöglichkeiten und hilft beim Umgang mit Behörden und Bildungsstätten. "Ich wollte aktiv werden, nachdem sich die Lage der Flüchtlinge in Europa radikal zuspitzte", sagt Berg. Sie selbst habe einmal Libyen bereist, wo Familie Almasri zeitweise lebte, und die Lage der Bevölkerung dort mit eigenen Augen gesehen, berichtet sie, ihre Tochter lebe im Libanon.
Neun Familien werden betreut
Das Projekt "Kulturvermittler" hat die Diakonie Düsseldorf im vergangenen November in Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde Garath ins Leben gerufen. Unterstützt wird es auch von der rheinischen Landeskirche. Aktuell werden neun Flüchtlingsfamilien von ehrenamtlichen Kulturvermittlern betreut. Mitmachen kann jeder, der ein Jahr lang mindestens einmal pro Woche Zeit hat. Die Kulturvermittler müssen zur Verständigung Englisch oder Arabisch beherrschen und können Weiterbildungen zum Thema Asylrecht belegen.
Haisam Almasri, Osamas Vater, spricht kein Deutsch, dafür aber flüssig Englisch. "Wir sind glücklich, dass wir Frau Berg haben. Sie kennt unsere Kultur und akzeptiert sie", sagt er. "Viele Menschen haben Probleme mit dem Kopftuch meiner Frau", fügt Haisam Almasri hinzu. "Kopftuch" ist eines der wenigen deutschen Wörter, die er bereits kennt.
Mit dem Kulturvermittler-Projekt wollen die Initiatoren auch Verständnis in der Bevölkerung schaffen für die Situation von Flüchtlingen - in einer Zeit, in der in Düsseldorf noch immer jeden Montag die islamfeindliche "Dügida"-Bewegung auf die Straße geht. "Wenn die Leute Flüchtlinge persönlich kennenlernen, ändern sie ihre voreilige Meinung schnell", glaubt Gunther Rehnelt, ehemaliger Abteilungsleiter des Bereiches Bildung der Diakonie Düsseldorf. Auch die zunächst kritischen Anwohner in Garath hätten sich rasch an die Asylbewerber gewöhnt und würden nun für sie einstehen.
Bei Familie Almasri leistet Kulturvermittlerin Sibylle Berg vor allem Hilfe zur Selbsthilfe. "Häufig gebe ich ihnen nur einen Hinweis, und um den Rest kümmern sie sich dann selbst", berichtet Berg. Die vielgereiste Familie lebte zuletzt einige Jahre in Libyen, denn nach einem zehnjährigen Aufenthalt in Dubai war eine Rückkehr nach Syrien nicht mehr möglich. "Unser Haus dort war zerstört", erzählt die Mutter der Familie, Khawla Chehada. Traurig blickt sie aus dem Fenster. Menschen mit Waffen hätten jedoch auch in Libyen zum Straßenbild gehört. Deshalb entschied sich die Familie zur Flucht aus dem Nahen Osten.
In Zukunft soll das Projekt ausgedehnt werden, denn im Stadtteil Garath werden momentan Plätze für 200 weitere Flüchtlinge geschaffen. Nicht alle Asylbewerber seien so selbstständig wie Familie Almasri, betonte Rehnelt von der Diakonie. Gerade sie könnten Hilfe von Kulturvermittlern wie Sibylle Berg gebrauchen.