Altbischof Huber warnt vor Stigmatisierung depressiver Menschen

Depression
Foto: dpa/Victoria Bonn-Meuser
Altbischof Huber warnt vor Stigmatisierung depressiver Menschen
Der Sozialethiker Wolfgang Huber warnt angesichts der Ursachensuche für den Airbus-Absturz in den französischen Alpen vor einem Generalverdacht gegen depressive Menschen.

Eine mörderische Handlung wie ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz sei überhaupt nicht typisch für Depressive, sagte Huber am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch" zu Medienberichten, nach denen der Copilot wegen einer Depression in Behandlung war. Der Copilot hatten den Absturz der Germanwings-Maschine nach bisherigen Ermittlungsergebnissen absichtlich herbeigeführt und 149 Menschen mit in den Tod gerissen.

Der Berliner Altbischof Huber hält es nach eigenen Worten für unangemessen, den Absturz als erweiterten Suizid zu bezeichnen, wie dieses bei Taten im familiären Umfeld üblich ist. Unvorstellbar viele Menschen seien gezielt getötet worden, sagte der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der den Absturz mit einem Amoklauf verglich.

Indizienlage erdrückend

Der Psychologe Reiner Kemmler pflichtete Huber bei, dass die Tat mit einer Depression allein nicht zu erklären sei. Vielmehr müsse eine narzistische Persönlichkeitsstörung hinzukommen, die zu einer starken Selbstbezogenheit führt.

Der Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings war am Dienstagvormittag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen abgestürzt. Über ein mögliches Motiv des Copiloten gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Bei Durchsuchungen seiner Wohnungen in Düsseldorf und Rheinland-Pfalz wurden indes Hinweise auf eine langjährige Erkrankung sowie eine Krankschreibung für den Tag des Absturzes gefunden.

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum lobte das Krisenmanagement der Lufthansa wie auch die Reaktion der Bundesregierung. Mit der Reise an den Absturzort und einem zurückhaltenden Auftreten dort habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. "Ich kann mir vorstellen, dass das den Angehörigen gut getan hat", sagte Baum, der als Rechtsanwalt Angehörige von Opfern früherer Flugzeugkatastrophen vertreten hat. Mit einer Soforthilfe für die Hinterbliebenen von 50.000 Euro je Opfer erfülle die Lufthansa weit mehr als das gesetzlich Vorgesehene.

Lufthansa-Vorstand Kay Kratky sagte, über Entschädigungsregelungen werde zu einem späteren Zeitpunkt beraten. Die schnelle Hilfe stehe im Vordergrund. Auf die Frage, ob noch eine andere Ursache als das mutwillige Handeln des Copiloten denkbar sei, sagte Kratky: "Die Indizienlage ist im Moment erdrückend." Gleichwohl sei es wichtig, nach dem Stimmenrekorder mit dem Aufzeichnungen aus dem Cockpit auch den zweiten Flugschreiber zu finden. Die Auswertung der technischen Aufzeichnungen könne zu gesicherten Erkenntnissen beitragen.