Die Redaktion von "Spiegel Online" teilte ihren Lesern am Freitag mit, man werde den Namen des Copiloten derzeit nicht vollständig nennen und ihn auch nicht im Bild zeigen. "Bild" und "Faz.net" entschieden dagegen, den Namen ihren Lesern mitzuteilen und begründeten dies mit dem Ausmaß der Flugzeugkatastrophe vom Dienstag, bei der 150 Menschen getötet wurden. Beim Deutschen Presserat gingen bis Freitagmorgen mehr als 200 Beschwerden zur Medienberichterstattung über das Unglück ein.
"Wir haben es mit einem Mann aus der Mitte unserer Gesellschaft zu tun, der als Figur des Grauens, als bisher größter deutscher Verbrecher des (jungen) 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird", erklärte "Bild" auf der Facebook-Seite der Zeitung. "Ja, wir halten es für legitim, die Hauptbeteiligten von historischen Ereignissen, in diesem Fall den Täter, beim Namen zu nennen."
In "Faz.net" schrieb der Chefredakteur für digitale Produkte, Mathias Müller von Blumencron, der Copilot habe eine der größten Katastrophen der deutschen Luftfahrtgeschichte verursacht. "Die Opfer und die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf zu erfahren, wer das Unglück ausgelöst hat", schrieb er. "Im Zentrum der Erklärung steht ein Mensch, genauer sein Kopf, sein möglicherweise irregeleitetes Gehirn." Die Redaktion habe lange diskutiert und dann entschieden, ein Foto des Copiloten zu zeigen. Auch sein Name werde ausgeschrieben, "er ist eine Person der Zeitgeschichte".
Facebook und der Pressekodex
"In der Regel ist das Privatleben zu achten", sagte Oliver Schlappat, Referent beim Deutschen Presserat, am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er verwies auf die Richtlinie 8.1 des Pressekodexes, die vorsieht, dass bei der Berichterstattung über Straftaten nur dann Namen, Fotos und andere Angaben, durch die Täter oder Verdächtige identifizierbar werden, genannt werden dürfen, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
Zum Umgang mit Fotos von Facebook sagte Schlappat, grundsätzlich seien soziale Medien ein legitimes Recherchewerkzeug. Die Netzwerke seien aber "kein Selbstbedienungsladen", mit ihren Inhalten müsse sorgfältig umgegangen werden. Eine Einschätzung zur Berichterstattung gibt der Presserat grundsätzlich nicht ab, bevor sich die Beschwerdeausschüsse mit den Eingaben befasst haben.
Der Medienwissenschaftler Horst Pöttker kritisiert journalistische Grenzverletzungen bei der Berichterstattung über den Airbus-Absturz in Südfrankreich. Es gehe zu weit, Privatfotos von Facebook-Seiten der Opfer zu veröffentlichen, sagte der emeritierte Journalistik-Professor der Technischen Universität Dortmund am Freitag im Deutschlandfunk. Damit hätten Journalisten das Gebot aus dem Pressekodex missachtet, die Identität von Unfallopfern zu verbergen.