"Die Chöre bieten eine Chance zur Integration", sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes, Karl Ermert, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Wolfenbüttel. "In den Chören kommen die unterschiedlichsten Leute zusammen", erläuterte Ermert: "Sie stehen nebeneinander und haben zunächst nichts gemeinsam als die Freude am Singen und vielleicht noch die gleiche Tonlage." Auf die gemeinsame musikalische Erfahrung könnten sie dann aber persönliche Beziehungen aufbauen.
Der Arbeitskreis erforscht Ermert zufolge derzeit, wie stark Migranten in den bundesweit mehr als 10.000 Kinder- und Jugendchören vertreten sind und wie sie angesprochen werden können. Erste Ergebnisse sollen am Wochenende bei den Tagen der Chor- und Orchestermusik in Celle diskutiert werden.
Experteninterviews hätten dabei deutlich gemacht, dass mit einem Vorurteil aufgeräumt werden müsse, sagte Ermert: "Man kann nicht sagen, dass Migrantenkinder generell in den Chören unterrepräsentiert sind." Es komme auch bei ihnen auf die sozialen Bedingungen und das Interesse ihrer Eltern an: "Kinder selbst sind neugierig. Sie haben keine Berührungsängste."
Kinder mit osteuropäischem Hintergrund engagierten sich sogar häufig in kirchlichen und weltlichen Chören. Anders sehe es bei einem Teil der Kinder aus türkischen und arabischen Kulturen aus. Deren Eltern könnten mit dem deutschen Kulturleben weniger anfangen, sagte Ermert: "Auch ist Chorsingen, wie wir es kennen, nun mal in manchen Ländern nicht verbreitet." Darüber hinaus gebe es einen kleinen, sehr konservativen Teil von Muslimen. Dieser sei noch stark in den Herkunftstraditionen verhaftet und könne aus religiöser Überzeugung seine Kinder Lieder mit christlichen Inhalten nicht singen lassen.
Für die Chöre sei es entscheidend, junge Menschen zu erreichen, und zwar nicht nur aus pädagogischer und gesellschaftlicher Verantwortung, betonte Ermert: "Sie müssen ständig auf Nachwuchssuche sein, weil Kinder ziemlich schnell keine Kinder mehr sind." Darum sei es wichtig, Zugangsschwellen wie Sprachbarrieren zu senken: "Man kann auch mal ein türkisches oder arabisches Lied aufnehmen. Das macht den Kindern Spaß und schließt das Ganze für die Eltern auf."
Am 14. März ab 13 Uhr diskutieren Experten in der Evangelisch-reformierten Kirche in Celle öffentlich über das Thema "Chorsingen in der Migrationsgesellschaft". Das Forum ist Teil der bundesweiten Tage der Chor- und Orchestermusik 2015.