Frauen müssten einen einfachen Zugang zu Empfängnisverhütung und Abtreibung haben, heißt es in einem Bericht zur Geschlechterpolitik, den das Europaparlament in Straßburg am Dienstag gegen den Widerstand vieler konservativer Abgeordneter annahm. In Ländern mit Abtreibungsverbot seien die Abtreibungsraten teilweise sogar höher als in Ländern ohne ein solches Verbot, unterstreichen die Parlamentarier in dem heftig diskutierten "Tarabella"-Bericht.
Auf Drängen des konservativen Flügels bekräftigte das Parlament, dass das Thema Abtreibung gemäß dem Prinzip der Subsidiarität in die Zuständigkeit der einzelnen EU-Mitgliedsländer falle. Sie lehne den kompletten Bericht ab, da die Abtreibung kein europäisches Thema sei, unterstrich die CSU-Parlamentarierin Angelika Niebler nach der Abstimmung. Einen leichteren Zugang zur Abtreibung dürfe es nicht geben, sagte sie. "Abtreibung kann niemals ein Menschenrecht sein", kritisierte der Politiker Arne Gericke von der Familienpartei, der ebenfalls gegen den Bericht stimmte.
Der europäische Verbund katholischer Familienverbände (FAFCE) nannte den Bericht "widersprüchlich". Der Berichterstatter des Europaparlaments, der Sozialdemokrat Marc Tarabella aus Belgien, verwies hingegen auf das Grundrecht jeder Frau, über ihren eigenen Körper selbst zu bestimmen. "Die Mehrheit, die hinter dieser Entschließung steht, setzt sich für das Recht auf Abtreibung ein", betonte er.
Die Abgeordneten nahmen seinen Entwurf mit 441 Stimmen bei 205 Gegenstimmen und 52 Enthaltungen an. In den Erwägungsgründen des Textes heißt es, dass "die sexuellen und reproduktiven Rechte grundlegende Menschenrechte sind" - zu solchen Rechten wird in dem Bericht ausdrücklich auch die Abtreibung gezählt. Das Europaparlament hat in diesen Wochen gleich dreimal über das Thema Abtreibung und andere heikle Fragen der Familienpolitik zu befinden. Am Donnerstag steht der "Panzeri"-Bericht auf der Tagesordnung, in einigen Wochen folgt der "Noichl"-Bericht.