Dem Gleichstellungsatlas zufolge sind Frauen in den Ehrenämtern von Kirche und Diakonie überrepräsentiert, hingegen in der mittleren Leitungsebene kaum vertreten. Bei Dekanen und Superintendenten beträgt der Frauenanteil 21 Prozent, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstag in Hannover mitteilte. Für 2016 wurde eine Studie angekündigt, die Ursachen für die geringe Repräsentanz von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen auf der Ebene von Kirchenkreisen und -bezirken nachgeht. Korrigiert werde in dem Atlas der "gefühlte Eindruck", dass es in der evangelischen Kirche mittlerweile mehr Pfarrerinnen als Pfarrer gebe, sagte Synodenpräses Irmgard Schwaetzer. Realität sei hingegen, dass von den aktiven Pfarrern 33 Prozent Frauen sind. Dass zunehmend Frauen ins Pfarramt streben, war etwa von dem evangelischen Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf als "Feminisierung" des Pfarrberufs charakterisiert worden. Von den Pfarrerinnen waren rund 43 Prozent in Teilzeit beschäftigt.
Die aktuelle Übersicht, die vom EKD-Studienzentrum für Genderfragen in Kirche und Theologie erarbeitet wurde und sich am Gleichstellungsatlas des Bundes orientiert, versteht sich als Bestandsaufnahme 25 Jahre nach der EKD-Synode in Bad Krozingen. Mit dem Krozinger Synodenbeschluss "Die Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche" von 1989 sollte der Abschied von der "Männerkirche" eingeleitet werden. Damals wurde als Ziel formuliert, dass innerhalb von zehn Jahren ein Frauenanteil in kirchlichen Gremien von mindestens 40 Prozent erreicht werden soll. Weitere Beschlüsse betrafen die Frauenförderung.
Kritik seitens evangelikaler Organisationen
Die Vorgaben von 1989 werden der Übersicht zufolge in den Leitungsgremien der EKD erfüllt. Im Kirchenparlament beträgt der Frauenanteil 46 Prozent, von den 15 Ratsmitgliedern der EKD sind sieben Frauen. Im Bundestag betrug der Frauenanteil im vergangenen Jahr 36,5 Prozent, bei den Mitgliedern der Bundesregierung waren es 40 Prozent.
Eine paritätische Beteiligung von Frauen und Männern wird den Angaben zufolge zumeist in den Kirchenvorständen auf Gemeindebene erreicht. In den Kreissynoden liegt der Frauenanteil bei durchschnittlich 42 Prozent. In den Leitungen der 20 Landeskirchen beträgt der Frauenanteil 32 Prozent, vor drei Jahrzehnten waren es erst 20 Prozent.
Als Folge der Krozinger Frauen-Synode war 1994 das Frauenstudien- und Bildungszentrum der EKD im hessischen Gelnhausen errichtet worden. Der Aufbau des Zentrums für theologische und feministische Studien- und Bildungsarbeit wurde schon damals von massiver Kritik evangelikaler Organisationen begleitet. Später wurde der Arbeitsbereich Frauenstudien und Frauenbildung in das Comenius-Institut integriert, 2008 bezog das Zentrum neue Räume im nordhessischen Hofgeismar. Das neue Studienzentrum Genderfragen mit zwei Studienleiterinnen ist in Hannover angesiedelt.