Die "Allianz für den freien Sonntag" warnt vor einer weiteren Aushöhlung des Sonntagsschutzes. Aus den Urteilen oberster Bundesgerichte zum Schutz des Sonntags müssten Konsequenzen gezogen werden, sagte die Stellvertreterin des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten, Ulrike Scherf, am Montag. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im vergangenen November Sonntagsarbeit in hessischen Call-Centern, Videotheken sowie Lotto- und Totoannahmestellen untersagt. "Die Entscheidung muss aber Konsequenzen in ganz Deutschland haben, denn die betroffenen Regelungen sind in fast allen Bundesländern gleich", sagte Scherf. Sie wies die Landesregierungen auf ihre Verpflichtung hin, dem Rechtsstaatsprinzip zu folgen, nach dem Verordnungen entsprechend angepasst werden müssten: "Es wäre klug, die Länder besinnen sich auf dieses Prinzip und warten nicht darauf, bis es eingeklagt wird."
Sonn- und Feiertage entwickelten sich immer mehr zu normalen Arbeitstagen, Einkaufen rund um die Uhr werde zur Regel, kritisierte die kirchlich-gewerkschaftliche Initiative "Allianz für den freien Sonntag". Schon derzeit arbeiteten rund elf Millionen Erwerbstätige in Deutschland auch an Sonn- und Feiertagen, mit steigender Tendenz. An den Bund appelliert die Initiative, die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässige Sonn- und Feiertagsbeschäftigung auf das für die Daseinsvorsorge tatsächlich notwendige Maß zu beschränken und die Bedarfsgewerbeverordnungen der Länder durch eine Bundesbedarfsgewerbeverordnung ersetzen.
Forderung nach bundeseinheitlicher Regelung
Scherf bekräftigte zudem die Forderung nach bundeseinheitlichen Regelungen bei der Sonntagsöffnung von Geschäften. Seit der Bund die Zuständigkeit für die Ladenschlusszeiten auf die Länder übertragen hat, sei ein regelrechter "Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen" entstanden. "Es kann nicht sein, dass der Sonntagsschutz in Deutschland Verfassungsrang hat und zugleich von Bundesland zu Bundesland völlig unterschiedliche Regelungen für Sonntagsarbeit getroffen werden", beklagte Scherf.
Im Blick auf die neuen Feiertagsregelungen für Flohmärkte in Rheinland-Pfalz beobachteten die evangelischen Kirchen nun genau, "wie sich die Privilegierung dieser Märkte auswirkt", sagte der stellvertretende Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Gottfried Müller. Der Mainzer Landtag hatte 2014 beschlossen, dass künftig an bis zu acht Sonntagen pro Jahr und pro Gemeinde Märkte stattfinden können. Da die Obergrenze von acht Marktsonntagen für jede einzelne Gemeinde innerhalb einer Verbandsgemeinde gelte, werde "die vom Grundgesetz und der Landesverfassung gewünschte Ausnahme zur Regel", sagte Müller.