Nach den jüngsten antisemitischen Gewalttaten werben Politiker und die Jüdische Gemeinschaft dafür, dass Juden in Deutschland bleiben. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte den Juden in der Bundesrepublik größtmöglichen Schutz zu. "Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um jüdische Einrichtungen bei uns zu schützen", versicherte er in der "Saarbrücker Zeitung" (Mittwochsausgabe). Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, sagte, er vertraue sowohl der Bundesregierung als auch den Sicherheitsbehörden.
Die Bedrohungslage in der Bundesrepublik ist dem Justizminister zufolge nicht geringer als in vielen anderen Ländern. Solange die Polizei allerdings Synagogen und jüdische Schulen schützen müsse, "sind wir von einem normalen Miteinander noch sehr weit entfernt". Wer jüdisches Leben in Deutschland attackiere, dürfe keine Toleranz erwarten. Verständnis äußerte Maas für Israels Interesse an der Einwanderung von Juden. Absolute Sicherheit gebe es allerdings nirgendwo auf der Welt, gab der Minister zu bedenken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Montag bereits zugesichert, man werde alles dafür tun, die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und der Bürger jüdischer Herkunft zu gewährleisten.
Angriff auf Juden ein Angriff auf die Grundlage der Gesellschaft
Nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Kopenhagen, bei dem ein Wachmann getötet wurde, hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag an die europäischen Juden appelliert, nach Israel auszuwandern. Widerspruch dafür gab es vom Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland. "Ich halte jüdisches Leben in Deutschland weiterhin für möglich und sehe derzeit keinen Grund, warum Juden Deutschland verlassen sollten", sagte Josef Schuster der "Berliner Zeitung" (Dienstagsausgabe). Voraussetzung sei allerdings, dass jüdische Einrichtungen weiter gut geschützt würden. Die Angst vor Terroranschlägen sollte möglichst kein Grund sein, das eigene Land zu verlassen. "Denn dann hätten die Terroristen schon eines ihrer Ziele erreicht", sagte Schuster.
Der Zentralratspräsident räumte im WDR-Radio ein, dass es unter jüdischen Gemeindemitgliedern auch Sorgen mit Blick auf ihre Sicherheit gebe. Dazu habe maßgeblich der Überfall auf Rabbiner Daniel Alter 2012 in Berlin beigetragen, der offenbar nur deshalb erfolgt sei, weil er eine Kippa trug. Generell zu sagen, dass Juden in Deutschland heute in Angst und Furcht lebten, sei jedoch "überzogen", ergänzte Schuster.
Die Evangelische Kirche im Rheinland unterstrich nach den Terroranschlägen in Kopenhagen und der Schändung Hunderter jüdischer Gräber im französischen Sarre-Union ihre Solidarität mit den jüdischen Gemeinden. Jeder Angriff auf Juden sei auch ein Angriff auf die Grundlage der Gesellschaft, schreibt der Vizepräses Christoph Pistorius in einem am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichten Brief an den Landesverband der jüdischen Gemeinden Nordrhein. Die rheinische Kirche werde auch "weiterhin gegen jede Form des Antisemitismus mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln einstehen", versichert der Theologe.