Direktor Jürgen Brautmeier zeigte sich erschrocken über die Sorglosigkeit, mit der viele Minderjährige persönliche Daten per Webcam ins Internet senden. "Bei 'Younow' fallen Hemmschwellen und Tabus", sagte der Medienexperte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf. "Das Problem ist: Diese Tabus würden die Kinder und Jugendlichen eigentlich schützen."
Auf der Streaming-Seite können die Nutzer ihren Alltag mit intimen Details live per Video zeigen. Dabei sind sie oft Anzüglichkeiten und Beleidigungen von Zuschauern ausgesetzt. Nach Angaben der von den Medienanstalten betriebenen Jugendschutz-Plattform "Juuuport" sind auf "Younow" schon zehnjährige Kinder anzutreffen, die unter ihrem Klarnamen ihren Wohnort und Einzelheiten ihres Privatlebens veröffentlichen. Offiziell ist die Anmeldung ab 13 Jahren erlaubt. Die Anziehungskraft von "Younow" liege primär in der Suche nach Selbstbestätigung, vermutet Brautmeier.
Eine Verbesserung des Datenschutzes ist rechtlich schwierig, weil die Website in den USA betrieben wird. Deshalb sei vor allem Aufklärungsarbeit und eine Verbesserung der Medienkompetenz bei Kindern und Erwachsenen wichtig, sagte der LfM-Direktor. Vielen Kindern seien die Gefahren nicht bewusst, die durch eine Weitergabe persönlicher Daten entstehen könnten. Eltern wüssten zudem oft nicht, was ihre Kinder im Internet tun. Der Medienexperte rät, Kinder durch gemeinsame Diskussionen über die Vor- und Nachteile von "Younow" zu sensibilisieren.
Auch in Schulen müsse über mögliche Auswirkungen des Online-Streamings aufgeklärt werden. Zudem könne die aktuelle Medienaufmerksamkeit helfen, das Bewusstsein für die Gefahren der Plattform zu erhöhen. "Wenn 'Younow' durch die öffentliche Debatte ein Schmuddel-Image bekommt, wird die Begeisterung schnell wieder abebben", erwartet Brautmeier.