Das gelte nicht nur für Industrie- und Schwellenländer, sondern auch insgesamt für die Entwicklungsländer, sagte der Leiter des Bereichs Armutsminderung und Entwicklung im Kieler Weltwirtschaftsinstitut dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Unter den ärmsten Staaten sind nur wenige Ölexporteure."
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Länder wie Nigeria, Venezuela und Angola werden laut Thiele aber zunehmend Probleme bekommen, weil deren Wirtschaft zu stark von Erdölexporten abhängt. "Für Nigeria könnte die Lage auch vor dem Hintergrund der Boko-Haram-Krise ziemlich dramatisch werden", warnte der Entwicklungsökonom mit Blick auf die anhaltende Gewalt der islamistischen Terrorgruppe im Norden des Landes.
In Afrika insgesamt zeichnet sich laut Thiele ein Ende des Booms ab, der großteils durch allgemein hohe Rohstoffpreise ausgelöst wurde, zum Beispiel auch bei Kupfer. "Aber trotz fallender Preise hält sich der Einbruch in Grenzen, das heißt, dass auch andere Sektoren vom Rohstoffsektor profitiert haben", sagte der Ökonom. "In Kenia ist es zum Beispiel die Telekommunikation, anderswo auch Kleinhandel und Landwirtschaft."
Angola, das 95 Prozent seiner Exporteinnahmen aus Erdöl bezieht, trifft der Preisverfall nach Thieles Worten heftig. Da aber vom Ölboom nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung profitiert habe, werde auch der Abschwung eher die Reicheren treffen. Mehr als ein Drittel der Angolaner lebe weiter unter der Armutsgrenze.
"Das Erdöl erweist sich eher als Fluch denn als Segen", sagte Thiele, der auch Honorarprofessor an der Universität Kiel ist. "Die Einnahmen verschwinden in den Taschen einiger weniger." Es bestehe kein Anreiz, einen Rechtsstaat, ein gutes Schulsystem oder ein funktionsfähiges Gesundheitswesen aufzubauen.
Die Abhängigkeit vom Öl könne nicht von heute auf morgen abgestreift werden, warnte Thiele. Der Aufbau neuer Wirtschaftszweige dauere eine gewisse Zeit. "Für eine Industrialisierung braucht es Institutionen, einen Rechtsstaat und Strukturen", sagte Thiele. Für gut machbar hält er dagegen eine Stärkung des Agrarsektors. "Der ist zurückgedrängt worden, weil man sich eben auf Öl und Gas konzentriert hat. Dadurch wird die Währung aufgewertet, die Landwirtschaft ist nicht mehr konkurrenzfähig", erläuterte er.