"Ich fühle mich getäuscht", sagte der Transplantationschirurg Gundolf Gubernatis, ein ehemaliger geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsaugabe). Die Kommission hatte am Montag mitgeteilt, eine Organspenderin in Bremerhaven sei nach Einschätzung mehrerer Experten, die den Fall im Nachhinein geprüft hatten, hirntot gewesen, es habe aber "Unzulänglichkeiten in der Dokumentation" gegeben.
Bei der fraglichen Hirntoddiagnose sei ein wichtiger Test nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden, heißt es in dem Bericht der Zeitung. "Wenn eine medizinische Untersuchung schief läuft, kann man das nicht als Dokumentationsfehler abtun", sagte Gubernatis. Das sieht auch der in der Hirntoddiagnostik erfahrene Neurochirurg Christoph Goetz, Chefarzt an einer Hamburger Privatklinik, so: "Es hat hier klare Handlungsfehler gegeben."
Die BÄK äußerte sich am Donnerstag auf Anfrage des Blattes nicht dazu, weshalb sie in ihrer Stellungnahme nur von "Unzulänglichkeiten in der Dokumentation" gesprochen hatte.
Wie die SZ erfuhr, hatten Ärzte in Bremerhaven den für die Diagnose des Hirntodes obligatorischen "Apnoetest" nicht nach den dafür vorgesehenen Regeln gemacht: Dieser zeigt, ob bei der Organspenderin der Atemstillstand eingesetzt hatte. "Wenn alle anderen Tests in Bremerhaven den Hirntod festgestellt haben, ist es wahrscheinlich, dass die Patientin tot war. Aber wir dürfen die Richtlinien für diese wichtige Diagnose nicht aufweichen", sagte Goetz.
"Wenn die Überwachungskommission diesen Fall so zu den Akten legt, untergräbt sie ihre eigenen strengen Richtlinien. Dann können sich Organspender offenbar auf nichts mehr verlassen", rügte Gubernatis.
Die Überwachungskommission hat den Auftrag, nach dem Transplantationsgesetz alle Prozesse rund um die Organspende und Organverteilung zu kontrollieren. Sie wird gemeinsam von der Bundesärztekammer, der Deutscher Krankenhausgesellschaft und dem GKV -Spitzenverband getragen.