Die Betroffenen sollen als "flüchtig" eingestuft werden, die Abschiebefrist soll von sechs auf 18 Monate verlängert werden, wie das ZDF-Magazin "Frontal 21" am Dienstag in Mainz unter Berufung auf Pläne einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe meldete. Einen entsprechenden Bericht wollte das ZDF am Abend ausstrahlen. Die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" übte scharfe Kritik an dem Vorhaben.
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Betroffen sind Personen, die über ein anderes EU-Land nach Deutschland eingereist sind, anstatt im Erstaufnahmeland Asyl zu beantragen. In ihren Fällen gilt eine sogenannte Überstellungsfrist von sechs Monaten, in denen die Abschiebung in das Erstaufnahmeland stattgefunden haben muss. Wird die Frist nicht eingehalten, können die Flüchtlinge Asyl in der Bundesrepublik beantragen. Auch Menschen im Kirchenasyl fallen bisher unter diese Regelung. Für "flüchtige" Personen gilt hingegen eine Frist von 18 Monaten. Festgelegt wurde dies Mitte 2013 in der sogenannten Dublin III-Verordnung.
Eine Sprecherin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wollte den Bericht auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) zunächst nicht kommentieren, da der genaue Inhalt nicht bekannt sei. Sie verwies aber darauf, dass das Kirchenasyl kein eigenes Rechtsinstitut sei und sich die Flüchtlinge der rechtmäßigen Überstellung in den zuständigen Staat entzögen. Das Bundesamt plane demnächst Gespräche mit Kirchenvertretern über das Thema.
Kirchenasyl sei und bleibe ein "Instrument der Menschenrechtsarbeit", sagte die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche", Dietlind Jochims. "Dass nun begonnen wird, die humanitären Handlungspartner einzuschüchtern, ist unverständlich und kontraproduktiv." Den Angaben zufolge gibt es in Deutschland zurzeit 190 Kirchenasyle mit mindestens 357 Personen, unter ihnen 119 Kinder. Die Zahl war in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Die Arbeitsgemeinschaft führt dies neben den generell gestiegenen Flüchtlingszahlen auf das uneinheitliche EU-Asylsystem, inhumane Aufnahmebedingungen und ein bürokratisches Verteilsystem zurück. Von den 190 Kirchenasylen sind 157 sogenannte Dublin-Fälle.
Beim Kirchenasyl handelt es sich um eine zeitlich befristete Aufnahme von Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Es beruht auf einer stillen Übereinkunft zwischen Kirche und Staat. Beide Seiten fühlen sich in der Regel daran gebunden. Doch sind auch Fälle bekannt, in denen die Polizei das Kirchenasyl beendet hat. So wurde im Februar in Augsburg eine Tschetschenin mit ihren vier Kindern gewaltsam aus einer Kirche geholt. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte sich bei ihrer jüngsten Tagung in Dresden ausdrücklich hinter die Gemeinden gestellt, die Kirchenasyl gewähren.
Eine BAMF-Abteilungsleiterin hatte die neue Linie der Behörden bereits Anfang September bei einer Tagung in Frankfurt am Main angedeutet. Laut Dublin-Verordnung müssen Flüchtlinge in dem Land einen Asylantrag stellen, in dem sie erstmals Boden der EU betreten haben. Das sind meist die Länder an den EU-Außengrenzen, etwa Italien oder Griechenland. Weil in vielen dieser Länder die Versorgung von Asylbewerbern schlecht ist, reisen diese weiter. Viele von ihnen kommen nach Deutschland.