Bundeswehr bleibt möglicherweise in Afghanistan

Bundeswehr bleibt möglicherweise in Afghanistan
Bis zu 850 deutsche Soldaten könnten auch nach Ende des Nato-Kampfeinsatzes in Afghanistan bleiben, zeichnete sich in der Bundestagsdebatte zum Afghanistan-Einsatz ab. Die Bundeswehr soll dann in erster Linie die afghanischen Sicherheitskräfte unterstützen. Die Opposition ist skeptisch.

Der Bundestag hat am Freitag in erster Lesung über ein weiteres Afghanistan-Mandat der Bundeswehr beraten. Danach sollen auch nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes vom kommenden Jahr an bis zu deutsche 850 Soldaten in dem Land stationiert bleiben. Über eine Beteiligung am Nato-Nachfolgeeinsatz "Resolute Support" will der Bundestag dann voraussichtlich am 18. Dezember abstimmen.

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Das Parlament sprach sich zudem für eine Fortsetzung der zivilen Hilfe für Afghanistan aus. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sicherte der afghanischen Regierung weitere deutsche Unterstützung zu. Er sprach von einem "neuen Kapitel", das Afghanistan im nächsten Jahr aufschlagen werde. Die Regierung in der Hauptstadt Kabul werde dann die volle Sicherheitsverantwortung übernehmen.

Aufgabe der Bundeswehrsoldaten soll nach seinen Worten sein, afghanische Sicherheitskräfte auszubilden, zu beraten und zu unterstützen. Es sei kein Kampf-, sondern ein Unterstützungseinsatz, betonte der Minister. Deutsche Soldaten würden nicht für die Drogen- oder Terrorbekämpfung eingesetzt, unterstrich er.

850 Soldaten wäre das zweitgrößte Kontingent

Zugleich will die Bundesregierung die afghanischen Sicherheitskräfte weiter stärken. Steinmeier kündigte finanzielle Hilfen in Höhe von 150 Millionen Euro pro Jahr an. 80 Millionen Euro gingen an die afghanische Armee und 70 Millionen an die Polizei des Landes.

Deutschland stellt weiter jährlich 430 Millionen Euro für den zivilen Wiederaufbau bereit, etwa für Infrastruktur, darunter Schulen und Elektrifizierung. Dauerhaften Frieden kann aber nach Einschätzung Steinmeiers nur ein "innerafghanischer Versöhnungsprozess" bringen.

Der bisherige Einsatz in Afghanistan hat nach Auffassung des Ministers dem Land in seiner Entwicklung geholfen. So sei die durchschnittliche Lebenserwartung von 45 auf 60 Jahre gestiegen und die Sterblichkeit von Müttern und Kindern deutlich gesunken. Viele Mädchen könnten nun zur Schule gehen. Zudem gebe es eine Zivilgesellschaft mit einer beachtlichen Zahl unabhängiger Medien, sagte er. Der Nato-geführte Isaf-Einsatz begann Ende 2001 nach den Anschlägen vom 11. September in den USA und dem Sturz des Taliban-Regimes in Kabul.

Der Einsatz "Resolute Support" hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums einen Gesamtumfang von etwa 12.000 Soldaten. Die USA entsenden demnach 9.800 Soldaten und Spezialkräfte. Deutschland stellt den Plänen zufolge dann das zweitgrößte Truppenkontingent. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele gab im Bundestag zu bedenken, dass der Isaf-Einsatz zunächst als Schutzmandat für Kabul angelegt gewesen sei - und nicht als Kampfeinsatz. Es sei zu befürchten, dass nur ein Vorwand ausreiche, damit sich die Geschichte wiederhole.

Kein UN-Mandat für den Einsatz

Der Linken-Politiker Wolfgang Gehrcke monierte das fehlende Mandat der Vereinten Nationen für den neuen Einsatz. Damit drohe, dass "der Krieg möglicherweise weitergeht". Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass der UN-Sicherheitsrat noch im Dezember eine Resolution dazu verabschieden werde. Die Bundeswehr war in den vergangenen Jahren mit einem Maximal-Kontingent von 5.500 Soldaten im Land. Über den gesamten Zeitraum waren bisher rund 130.000 Soldaten für einige Zeit in Afghanistan. 55 von ihnen starben.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) äußerte unterdessen Zweifel an den Planungen für einen vollständigen Rückzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan. "Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, ob es tatsächlich zu einem Komplettabzug bis 2017 kommen kann", sagte Müller der Ulmer "Südwestpresse" (Freitagsausgabe). Das hänge von der Entwicklung der Sicherheitslage ab, die derzeit sehr unterschiedlich sei.

Am Freitagnachmittag wurde der afghanische Präsident Aschraf Ghani zu Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt erwartet. Er wollte auch mit Steinmeier zusammentreffen.