Das von rund 150 Pfarrerinnen, einigen Pfarrern sowie Theologiestudenten unterzeichnete Schreiben ist an Gottfried Locher adressiert, den Präsidenten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes. Locher war in der schweizerischen Wochenzeitung "Weltwoche" mit der Aussage zitiert worden, er habe nichts gegen Pfarrerinnen. Aber wenn nur noch Frauen predigten, änderten sich Themen, Bilder und Formulierungen. Die Männer kämen dann "irgendwann nicht mehr". In der Zeitung hatte Locher zudem einen "Auszug der Eliten" bei den Reformierten beklagt.
Frauen im Pfarramt eine Minderheit
Der Begriff "Feminisierung" sei mit Vorsicht zu gebrauchen, da er aufgrund einer negativen Bedeutung zu einer Herabsetzung des Wirkens von Frauen in der Kirche führe, schreiben die Pfarrerinnen. Mit einem Anteil von 35 Prozent seien Frauen im Pfarramt immer noch in der Minderheit im Schweizerischen Kirchenbund. Damit könnten sie kaum prägend für die Kultur einer Kirche sein, deren Angebote bereits jetzt nur noch von wenigen Männern genutzt würden. "Männer gegen Frauen auszuspielen, wie dies durch den Begriff der Feminisierung geschieht, erachten wir als unangebracht und wenig hilfreich für ein bereicherndes Miteinander von Frauen und Männern in unseren Kirchen", heißt es in dem Brief.
Als ein Qualitätsmerkmal der reformierten Kirchen wird in dem Schreiben angeführt, dass Frauen dieselben Möglichkeiten hätten wie Männer und die Kirchen eine effektive Gleichstellung anstrebten. In den Kirchengemeinden würden Pfarrpersonen unabhängig von ihrem Geschlecht geschätzt. Die Unterzeichnerinnen weisen zudem darauf hin, dass der auf Initiative von Locher kürzlich verliehene Predigtpreis an drei Pfarrerinnen ging. Diese Auszeichnung mache deutlich, dass viele Pfarrerinnen über die Kompetenz verfügten, in ihrem Reden und Handeln auch die Lebenswirklichkeit anderer Menschen zu berücksichtigen.