"Wenn die Gesellschaft jemanden sucht, der diese Aufgabe übernimmt, dann sind es eher Pastorinnen und Pfarrer, sicherlich nicht Ärzte", sagte er in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Am Donnerstag debattiert der Deutsche Ethikrat in öffentlicher Sitzung über Sterbehilfe. Nagel ist Mitglied in dem Gremium.
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Die Kirchen hätten sich schon immer in besonderer Art den Sterbenden zugewandt, sagte Nagel, der auch dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags angehört. Für den assistierten Suizid, das Überlassen eines tödlichen Medikaments, brauche man kein spezielles medizinisches Vorwissen, erklärte der Ärztliche Direktor des Uniklinikums Essen. "Warum sollte das nicht mit einem geistlichen Gespräch oder vielleicht einem gemeinsamen Gebet gemacht werden", sagte er. Nagel ergänzte, er wisse, dass die Entscheidung zum Suizid in katholischer oder protestantischer Glaubensüberzeugung kaum zu akzeptieren sei.
Der Medizinethiker wünscht sich zudem einen deutlicheren Beitrag der Kirchen in der Sterbehilfe-Debatte. Mit großer Dankbarkeit sehe er gerade in den Gemeinden, wie viele Menschen sich haupt- oder ehrenamtlich im Hospizdienst engagierten. "Und doch glaube ich, dass die Kirchen sich hier sehr viel stärker zu Wort melden könnten", sagte der Wissenschaftler. "Ich bin davon überzeugt, dass es ihnen möglich ist, Menschen die Angst vor dem Sterben zu nehmen und die Diskussion über Sterbekultur noch intensiver zu begleiten."
Nagel wandte sich entschieden gegen eine Freigabe der Beihilfe zum Suizid durch Mediziner. Es sei keine ärztliche Aufgabe, bei der Selbsttötung anwesend oder hilfreich zu sein, betonte er. Hinter dem Wunsch nach einer durch Ärzte abgesicherten Suizidbeihilfe stecke offensichtlich der Wunsch, Ängsten zu begegnen. "Dieser Erwartungshaltung sollten wir als Ärzteschaft nicht entgegenkommen", warnte der Medizinethiker. Die Beihilfe zum Suizid ist momentan in der Mehrzahl der Landesärztekammern verboten.
Vom Ethikrat erwartet Nagel nach eigenen Worten eine Empfehlung, die eine organisierte und kommerzialisierte Suizidbeihilfe ablehnt. "Bei der Frage einer Legitimation einer einzelnen Berufsgruppe wird es sicher unterschiedliche Auffassungen geben", sagte er.