NRW setzt in Putenmast massenhaft Antibiotika ein

Antibiotika in der Tiermast
Foto: dpa/Carmen Jaspersen
Antibiotika in der Tiermast belasten am Ende der Nahrungskette auch Menschen.
NRW setzt in Putenmast massenhaft Antibiotika ein
Von Ausnahmefällen könne damit längst keine Rede mehr sein, sagte der nordrhein-westfälische Landwirtschaftsminister. Unter den Wirkstoffen fanden sich auch solche, die erhebliche Bedeutung für den Menschen haben.

In der Putenmast in Nordrhein-Westfalen werden einer Untersuchung zufolge massenhaft und routinemäßig Antibiotika eingesetzt. Neun von zehn Mast- und Zuchtdurchgänge in der Putenhaltung werden dem Bericht des Landesamtes für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz zufolge mit Antibiotika behandelt, wie NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf mitteilte. Somit könne auch in der Putenmast längst nicht mehr von Ausnahmen gesprochen werden. Die Umweltschutzorganisation BUND geht davon aus, dass es in Hochleistungsställen anderer Bundesländern ähnlich aussieht.

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Remmel kritisierte, es sei bereits der dritte Fachbericht, der einen alarmierenden Medikamenten-Einsatz in den Ställen dokumentiere. Er beklagte ein fehlendes eindeutiges Minimierungsziel zum Antibiotika-Einsatz im  entsprechenden Bundesgesetz. Die Novellierung des Arzneimittelgesetzes sei ein wichtiger Schritt gewesen, doch weitere müssten nun folgen, forderte er. "Die Bundesregierung muss nun endlich an den Ursachen des massiven Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung ansetzen: an den Haltungsbedingungen."

Unter den vier am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen befanden sich der Untersuchung zufolge mit Colistin und Enrofloxacin zwei Wirkstoffe aus Substanzklassen, die erhebliche Bedeutung für den Menschen haben und als sogenannte Reserveantibiotika bezeichnet werden. «Reserveantibiotika können für Menschen lebensrettend sein und müssen der Humanmedizin vorbehalten bleiben», mahnte Remmel. Der Einsatz dieser Wirkstoffe sei insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von Resistenzen verantwortungslos.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Bund und Länder auf, die Kontrollen in Hochleistungszuchtbetrieben zu verstärken und illegalen Antibiotika-Behandlungen unverzüglich einen Riegel vorzuschieben. Es seien strengere Vorgaben im Tierschutz und im Arzneimittelrecht nötig, erklärte die Organisation am Dienstag in Berlin. Zudem müssten Reserveantibiotika aus der Massentierhaltung vollständig verbannt werden, so wie es bereits in Dänemark und den Niederlanden der Fall sei. Die Untersuchung aus NRW offenbare die "täglichen Katastrophen im krank machenden System der Massentierhaltung."