TV-Tipp des Tages: "Monsoon Baby" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "Monsoon Baby" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Monsoon Baby", 17. September, 20.15 Uhr im Ersten
Ein junges deutsches Paar hat sich für eine Leihmutterschaft in Indien entschieden. Was hierzulande verboten ist, ist dort legal. Doch über das Machbare hinaus stellen sich den beiden bald moralische Fragen.

Wenn sich ein Drama mit dem Phänomen geliehener Mutterschaft beschäftigt, ist das Ergebnis zwangsläufig ein Themenfilm. Viele Regisseure mögen Themenfilme aber nicht; erst recht nicht, wenn damit womöglich auch noch Botschaften verbunden sind. In diesem Fall wäre das zum Beispiel ein Diskurs der Frage, ob es nicht unmoralisch sei, dass sich vermögende westliche Paare in einem armen Land eine Mutter mieten, die eine befruchtete Eizelle austrägt; in Deutschland ist das verboten.

Andreas Kleinert ist ein ausgezeichneter Regisseur, aber kein Mann für Themenfilme. Sein großartiges Werk "Mein Vater" mit Götz George und Klaus J. Behrendt zum Beispiel ist vordergründig ein Demenzdrama, aber in Wirklichkeit geht es um die Beziehung zwischen Vater und Sohn. Bei "Monsoon Baby" verhält es sich ähnlich: Natürlich erzählt die zentrale Ebene der Handlung von einem ungewollt kinderlosen Paar, das nach Kalkutta fliegt, um endlich Eltern zu werden, und selbstverständlich ist die große Sehnsucht der beiden nach einem gemeinsamen Kind das emotionale Leitmotiv des Drehbuchs von Florian Hanig; und doch nutzt Kleinert diese Basis, um auch hier die Geschichte einer Beziehung zu erzählen.

Getrübtes Glück

Tatsächlich weisen schon zu Beginn kaum merkliche Details auf ein eher getrübtes Glück hin. Zur Qualität des Films gehört aber nicht zuletzt auch der Verzicht darauf, die Probleme stets beim Namen zu nennen. Die Andeutungen in den Gesprächen zwischen Nina und Mark (Julia Jentsch, Robert Kuchenbuch) sind beredt genug, wenn sich beispielsweise Nina nachts in Kalkutta verirrt und Robert ihr aus der Heimat mittels der GPS-Ortung ihres Smartphones den Weg weist. Ihr früher eigentlich recht zuverlässiger Orientierungssinn, stellt Nina fest, sei ihr in der Beziehung mit ihm irgendwann abhanden gekommen.

Trotzdem steht natürlich die Leihmutterschaft im Vordergrund des Films. Hanig hat bereits eine Reportage zu dem Thema geschrieben und viele wahre Begebenheiten in sein gemeinsam mit Kleinert verfasstes Drehbuch einfließen lassen. Dies, die oft improvisierten Dreharbeiten im Getümmel von Kalkutta (Kamera: Andreas Höfer) sowie die Leistungen gerade der beiden Hauptdarsteller verleihen dem Film eine enorme Authentizität. Gleiches gilt für die Fakten, die Hanig und Kleinert eher beiläufig einfließen lassen. Die moralische Seite wird ebenfalls thematisiert, allerdings ohne Denkvorgabe. Das Wort "Ausbeutung" fällt zwar, doch der Vorwurf wird nicht weiter diskutiert; die Saat ist dennoch gesät. Dank Kleinerts subtiler Regie vermittelt sich ohnehin, dass Nina und Mark das Für und Wider vor ihrer Reise längst besprochen haben.

Über all’ diese Aspekte hinaus ist "Monsoon Baby" auch ein dramaturgisch fesselnder Film, zumal sich die Dramatik am Ende zuspitzt, als die Leihmutter plötzlich verschwindet und das Paar ihr durchs halbe Land nachreist. Kleinert nutzt Kalkutta zudem keineswegs bloß als exotischen Schauplatz. Die Geschichte wird zwar vor allem aus Ninas Sicht erzählt, aber die Einheimischen sind mehr als nur Stichwortgeber. Eine besondere Rolle spielt naturgemäß die in ärmlichsten Verhältnissen lebende Shanti (Tilotama Shome). Ihr Mann darf nicht erfahren, dass sie ihren Körper vermietet, er würde sie sonst verstoßen. Die gemeinsamen Szenen mit Nina und Shanti entwickeln einen eigentümlichen Reiz: Die beiden Frauen haben nichts gemeinsam, und doch sind sie durch das Kind in Shantis Bauch miteinander verbunden. Vermittlerin zwischen den Kulturen ist eine indische Ärztin (Swaroopa Goshi), die in Heidelberg studiert hat und daher deutsch kann. Auch dies ist eine Qualität des Films: Die Fremdheit Indiens wird noch dadurch intensiviert, dass sich Nina nur mühsam verständlich machen kann. Was sie allerdings versteht, ist die Überzeugung der Inder, dass Erneuerung nur durch Zerstörung möglich sei und Geburt und Tod daher nicht voneinander zu trennen seien; ein früher Hinweis darauf, dass die Geschichte nicht für alle Beteiligten gut ausgeht.