Debatte über Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland hält an

Debatte über Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland hält an
Steigende Flüchtlingszahlen, überfüllte Aufnahmestellen, überforderte Behörden: Zur Entlastung der Länder schlägt Bayerns Regierungschef Horst Seehofer schärfere Grenzkontrollen vor. Damit stößt er bei Pro Asyl und in der Kirche auf deutliche Kritik.

Angesichts steigender Asylbewerberzahlen hält die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland an. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) brachte am Montag die Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raumes ins Gespräch und forderte gemeinsam mit anderen Ländern mehr Unterstützung seitens des Bundes. Die Organisation Pro Asyl bescheinigte Europa und Deutschland derweil Versagen in der Flüchtlingspolitik. Die evangelische Kirche warnte davor, "neue Grenzen und Mauern" zu errichten.

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Seehofer sagte der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe), Flüchtlinge, die mit dem Zug nach Bayern einreisen, kämen meist über Italien oder Österreich: "Das sind aber ebenso wie Deutschland sichere Staaten." Italien verstoße klar gegen das Schengen-Abkommen. "Wenn das nicht bald abgestellt wird, muss Deutschland ernsthaft erwägen, durch Kontrollen an der Grenze diesen Verstoß zu stoppen", sagte der CSU-Politiker. Seehofer sprach sich für feste Aufnahmequoten in der EU aus, mittels derer eine gerechte Verteilung sichergestellt werden solle.

Die Flüchtlingshilfe-Organisation Pro Asyl kritisierte Seehofers Äußerungen scharf. "Die Haltung, die hier zum Ausdruck kommt, ist inakzeptabel", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt dem epd. "Zug um Zug versucht sich Europa, aus der Verantwortung zu stehlen. Europa hat kein Konzept zur Aufnahme von Flüchtlingen."

Evangelische Kirche gegen Grenzkontrollen wegen Flüchtlingen

Deutliche Kritik an Seehofer kam auch aus der evangelischen Kirche. Durch neue Grenzkontrollen würden Flüchtlinge noch stärker in die Arme von Schlepperbanden getrieben, sagte der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland, Volker Jung, dem epd.  "Statt neuer Grenzen und Mauern brauchen wir dringend die immer wieder angekündigte europäische Flüchtlingskonferenz."

Auf europäischer Ebene müsse ein nachhaltiges Aufnahmekonzept umgesetzt werden, forderte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Jung. Dazu gehöre, die sogenannte Dublin-Verordnung, die den Ländern an der EU-Südgrenze die Hauptlast für Flüchtlinge aufbürdet, durch ein solidarisches Aufnahmesystem zu ersetzen. Dieses müsse auch den berechtigten Interessen der Schutzsuchenden Rechnung tragen.

Für die Unterbringung der Flüchtlinge forderte Seehofer eine stärkere Unterstützung des Bundes. In Bayern sind die Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf seit Monaten überfüllt. Der bayerische SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hält Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) in der Flüchtlingsfrage für überfordert. Müller habe sich bei ihrem Amtsantritt im Oktober "als Macherin in Szene gesetzt", sagte Rinderspacher dem epd. So habe sie vor mehr als 300 Tagen die Eröffnung neuer Erstaufnahmeeinrichtungen angekündigt. Eröffnet worden sei bislang jedoch noch keine.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) appellierte an den Bund, die Asylverfahren zu beschleunigen. "Der Bund muss mit Nachdruck dafür sorgen", sagte Pistorius der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Montagsausgabe): "Es sind schon lange Planstellen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschlossen worden, die aber immer noch nicht besetzt wurden", kritisierte er. Wichtig sei eine ordnungsgemäße und zügige Bearbeitung der Anträge.

Auch er forderte mehr Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen. "Es gibt in einigen Regionen Kasernen in gutem Zustand, in denen Asylbewerber untergebracht werden können", sagte er. "Hier muss der Bund den Kommunen entgegenkommen - auch bei den Mieten oder dem Kaufpreis." Der Staat müsse alles Mögliche dafür tun, dass die gute Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung erhalten bleibe, sagte Pistorius.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt erteilte einer Unterbringung in Kasernen oder Containern eine Absage. "Aus Provisorien werden schnell Dauerlösungen", sagte er. Burkhardt bescheinigte den Behörden Versagen bei der Flüchtlingspolitik und forderte eine bessere Integrationspolitik. Als Beispiele nannte Burkhardt den Zugang zu Sprach- und Integrationskursen sowie eine Arbeitserlaubnis.