Die Demonstrationen im Herbst 1989 seien eine gezielte Provokation gegen den SED-Staat gewesen. "Wir haben den Staat schon seit Monaten ständig herausgefordert, und die Reaktionen wurden immer brutaler", sagte die 49-Jährige dem Evangelischen Pressedienst (epd). Oltmanns hatte bei dem Protest am 4. September, der als Ausgang für die danach regelmäßig stattfindenden Montagsdemonstrationen gilt, gemeinsam mit der Bürgerrechtlerin Katrin Hattenhauer ein Transparent mit der Aufschrift "Für ein offenes Land mit freien Menschen" enthüllt.
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Man habe gehofft, dass der Staat "irgendwann offen seine Maske fallen lässt", sagte Oltmanns. Natürlich habe sie auch gehofft, dass es bei den Protesten gegen das SED-Regime friedlich bleibe. "Aber sie waren öffentlich. Das hätte deutlich gezeigt: Da geht ein Staat auf sein Volk los." Ein halbes Jahr vor dem 4. September 1989 war die in mehreren Gruppen aktive Bürgerrechtlerin und Pfarrerstochter aus dem Erzgebirge wegen des Verteilens von Flugblättern für zehn Tage in Haft gekommen.
Mit dem Plakat hätten sie und ihre Mitstreiter ein Zeichen setzen wollen, "dafür, dass wir hier im Lande bleiben und was verändern wollen", sagte Oltmanns, die heute im Kuratorium der Stiftung Friedliche Revolution tätig ist. An den Mauerfall oder gar eine Wiedervereinigung habe sie im September 1989 noch gar nicht gedacht. Dass am folgenden Montag, dem 11. September, zahlreiche Menschen willkürlich festgenommen wurden, sei ein "glattes Eigentor" des Staates gewesen, sagte Oltmanns: "Da gab es eine richtige Solidaritätswelle und Fürbitten für die Verhafteten im ganzen Land."
Als besonders überwältigend habe sie die Montagsdemonstration am 9. Oktober empfunden, als unerwartet rund 70.000 Menschen friedlich auf die Straße gingen und die Staatsmacht nicht einschritt. "Die unglaubliche Anzahl an Menschen hat mir gezeigt, dass man dem Volk doch noch etwas zutrauen kann", sagte Oltmanns.