Die Kirchen stünden vor der Aufgabe, sich auf eine Umbruchsituation einzustellen, schreibt der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montagsausgabe). "Sie werden auf ganz verschiedenen Ebenen reagieren müssen", so Heinig. Konkret fordert er die Kirchen zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Islam auf.
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Die Kirchen sollten davon Abstand nehmen, in das Grundgesetz eine jüdisch-christliche Leitkultur "hineinzulesen", schreibt der promovierte Jurist. "Sie verfehlten die Pointe demokratischer Selbstverständigung moderner Gesellschaften." Heinig argumentiert zudem, die nicht selten anzutreffende Ablehnung des Islam in der deutschen Gesellschaft führe dazu, dass die Ermöglichung von Religion im öffentlichen Raum zunehmend infrage gestellt werde. "Islamfeindschaft und -skepsis drohen dem geltenden Religionsrecht so auf Dauer einen Kollateralschaden zuzufügen", warnt der Kirchenrechtler.
Die Kirchen unterlägen der Versuchung, mit einer "Hierarchisierung der Religionen" zu antworten, indem sie etwa auf die geschichtliche Bedeutung des Christentums verweisen, heißt es in dem Beitrag weiter. "Es ist nicht nur demokratietheoretisch unplausibel, sondern stößt sich an einer deutschen Gesellschaft, die am Ende von starken Gleichheitsidealen geprägt ist."
Stattdessen fordert Heinig die Kirchen dazu auf, stärker als bisher Religionskritik und "handfeste Erwartungen" an den Islam zu formulieren, aber auch positive Angebote zur Begleitung zu machen. Als Beispiel nennt er die die gemeinsamen Stellungnahmen von evangelischer und katholischer Kirche bei politischen Vorhaben. Eine gemeinsame Interessenvertretung mit anderen Kirchen sowie mit Juden und Muslimen, wie sie etwa in den Niederlanden praktiziert werde, sei indes hierzulande noch unvorstellbar, schreibt der Kirchenrechtler.