Die christliche Sekte "Zwölf Stämme" hat nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen den RTL-Reporter Wolfram Kuhnigk wegen falscher Zeugenaussage bei den Staatsanwaltschaften Augsburg und Ansbach erstattet. Außerdem wirft sie dem Fernsehjournalisten unter anderem die Fälschung beweiserheblicher Dokumente vor, wie die Glaubensgemeinschaft am Freitag in Deiningen (Kreis Donau-Ries) mitteilte. Beide Staatsanwaltschaften waren zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. RTL und Kuhnigk wiesen die Vorwürfe zurück.
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Eine RTL-Reportage hatte im September 2013 bundesweit für Aufsehen gesorgt und Polizei und Jugendamt auf den Plan gerufen. Kuhnigk hatte sich mehrere Tage bei den "Zwölf Stämmen" als Gast im einem ehemaligen Kloster aufgehalten. Mit versteckter Kamera filmte er, wie Sektenmitglieder systematisch Kinder misshandelten. In einigen Fällen wurden die Kinder mit einer Weidenrute auf den nackten Po geschlagen. Die Gesichter der gezeigten Personen waren in dem Beitrag verfremdet.
Zur Begründung der Strafanzeige führte der Rechtsanwalt Michael Langhans nun an, dass die Datumsangaben auf den Videoaufnahmen Kuhnigks nicht zu dem Zeitpunkt des Aufenthalts des Reporters in der Gemeinschaft passten. Kuhnigk habe nach eigener Aussage seine Aufnahmen zwischen dem 14. und 16. Juli des vergangenen Jahres gemacht. Nach den Datumsangaben auf den Videos, den sogenannten "Zeitstempeln", seien die Bilder aber zwischen dem 1. Januar 2012 und dem 19. Juli 2013 entstanden. Vor allem das letzte Datum sei ein "deutlicher Hinweis, dass die Videos manipuliert worden sind", sagte Langhans.
Kuhnigk reagierte am Freitag gelassen auf die Strafanzeigen. "Ich kann das nur als verzweifelten Versuch der Mitglieder deuten, hier vom eigentlichen Straftatbestand der Kindesmisshandlung abzulenken", erklärte er. Es seien weder Aussagen noch Filmmaterial manipuliert worden. "Alles, was gesagt und gefilmt wurde, ist belegbar." RTL teilte zudem mit, dass der Sender am Montag in der Sendung "Undercover Deutschland" erneut über die Sekte berichten wird.
Die "Zwölf Stämme" hatten im vergangenen Jahr versucht, die Ausstrahlung der Reportage bei RTL gerichtlich zu verhindern. Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch, dass die Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Fall das Persönlichkeitsrecht der Sektenmitglieder überwiege.