Kirchen ließen sich 1914 von Kriegsbegeisterung anstecken

Kirchen ließen sich 1914 von Kriegsbegeisterung anstecken
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat sich zu einer Mitverantwortung der Kirchen für die Begeisterung zu Beginn des Ersten Weltkrieges bekannt.

Bischöfe, Priester und Gläubige seien in großer Zahl an die Seite jener getreten, "die den Krieg als moralische und geistige Erneuerung begrüßten", heißt es in einer am Freitag in Bonn veröffentlichten Erklärung zum Weltkriegsbeginn vor genau 100 Jahren. Viele Kirchenverantwortliche hätten Schuld auf sich geladen. "Sie haben das Leid der Opfer des Krieges nicht hinreichend wahrgenommen und sind nationaler Verblendung gefolgt."

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Innerhalb der Kirche habe es aber auch immer wieder Gläubige gegeben, die sich für Frieden und Versöhnung eingesetzt hätten, schreiben die Bischöfe weiter. Der damalige Papst Benedikt XV. habe Zerstörung, Leid und Schrecken, die der Krieg für die Bevölkerung bedeutet habe, in den Mittelpunkt seiner Friedensmahnungen gestellt. Die Dimensionen des Weltkriegs sei "auch heute noch schockierend", heißt es in der Erklärung unter dem Titel "Den Egoismus der Staaten überwinden - die Ordnung des Friedens entwickeln". Nicht zuletzt der Einsatz von Giftgas habe zu einer erheblichen Brutalisierung der Kämpfe beigetragen.

Der Erste Weltkrieg begann am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreichs an Serbien. Er gilt als "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts". Das Deutsche Reich trat am 1. August 1914 in den Krieg ein. Der vierjährige Militärkonflikt zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn auf der einen sowie Großbritannien, Frankreich und Russland auf der anderen Seite kostete rund 17 Millionen Menschen das Leben. Der Weltkrieg endete im November 1918 mit der deutsch-österreichischen Kapitulation.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg habe Europa eine Antwort auf die Fragen gegeben, die der Erste Weltkrieg ins Bewusstsein gerufen habe, heißt es in dem Text der katholischen Bischöfe. Sie erinnern an die Aussöhnung zwischen Deutschen und Franzosen sowie zwischen Deutschen und Polen. Mit der europäischen Integration sei eine Friedensordnung geschaffen worden, "die dem Recht den Vorrang vor der Stärke gibt". Der Rückblick auf den Krieg solle ein Ansporn sein, "jeden Rückfall in eine einseitig verstandene Nationalstaatlichkeit zu vermeiden".

Zuvor hatte sich auch die evangelische Kirche beschämt über das kirchliche Versagen beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs geäußert. Kirche und Theologie in Deutschland hätten versagt angesichts der Aufgabe, zu Frieden und Versöhnung beizutragen und sich zu Anwälten der Menschlichkeit und des Lebens zu machen, heißt es in einem Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das Anfang der Woche in Hannover veröffentlicht wurde. Daraus müssten Lehren gezogen werden.

Am Jahrestag des Kriegsbeginns soll es am 1. August eine europaweite Schweigeminute geben. Am 3. August besuchen Bundespräsident Joachim Gauck und der französische Staatspräsident François Hollande anlässlich des Gedenkens an den Ersten Weltkrieg den Hartmannsweilerkopf (Vieil Armand) bei Colmar. Auf dem Schlachtfeld in den Vogesen im Elsass starben zwischen 1914 und 1918 nahezu 30.000 deutsche und französische Soldaten.