Europarat rügt Kastration von Sexualstraftätern in Deutschland

Europarat rügt Kastration von Sexualstraftätern in Deutschland
Der Europarat hat Deutschland erneut aufgefordert, die freiwillige chirurgische Kastration von Sexualstraftätern abzuschaffen.

Die Kastration sei eine "medizinisch nicht notwendige Verstümmelung", unterstreicht das Antifolterkomitee des Europarats laut Mitteilung von Freitag in einem in Straßburg veröffentlichten Bericht. Laut den Experten stellten seit dem Jahr 2000 29 Straftäter einen Antrag auf Kastration in Form einer Entfernung der Hoden. Elf dieser Anträge wurden bewilligt.

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Trotz der Freiwilligkeit lehnen die Menschenrechtler des Europarats die deutsche Praxis ab, weil sie der Ansicht sind, dass die Männer die Folgen des Eingriffs nicht immer überschauen. So sei nicht gesichert, dass die Maßnahme tatsächlich die gewünschten Ergebnisse wie etwa einen niedrigeren Testosteronspiegel bringe. Auch sei fraglich, dass die Entscheidung tatsächlich eine ganz freie sei: Es sei etwa vorstellbar, dass jemand einen solchen Schitt wähle, um einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu entgehen, meinen die Experten.

Im Jahr 2012 hatte der Europarat bereits eine ähnliche Aufforderung an Deutschland gerichtet. Ob Berlin ihr diesmal nachkommen wird, ist jedoch unklar. In ihrer Stellungnahme zum Europarats-Bericht schreibt die Bundesregierung, dass solche Eingriffe "in seltenen Ausnahmefällen" vorkämen und streng überwacht würden. Sie seien keine Strafe, sondern nützten Personen mit schweren Krankheiten oder Geistesstörungen.

Als Beispiel führt die Bundesregierung den Fall eines Mannes aus Brandenburg an: Dieser hatte zunächst Medikamente zur Schwächung des Sexualtriebs eingenommen. Allerdings litt er unter schweren Nebenwirkungen und traute sich selbst nicht zu, die Medikamente nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis weiter konsequent zu nehmen.

Nach dem Kastrations-Eingriff gehe es dem Mann den Umständen entsprechend gut, berichtet die Bundesregierung. Zwar habe er wegen des Testosteron-Mangels depressive Verstimmungen - er sei aber nicht rückfällig geworden und habe eine Wohnung, eine Arbeit sowie eine neue Partnerschaft gefunden. Die Regierung sagte dem Europarat dennoch zu, Änderungen am deutschen Recht in Erwägung zu ziehen.