Noch vor wenigen Jahren hätten Männer und Frauen mit hohem Unterstützungsbedarf fast keine andere Wahl gehabt, als in eine große Einrichtung zu ziehen, sagte Bentele dem Evangelischen Pressedienst (epd). Inzwischen seien ihnen viele Alternativen zu dieser Wohnform eröffnet worden. "Eine höchst nachvollziehbare und legitime Forderung, finde ich", erklärte die Behindertenbeauftragte. "Es kann doch nicht sein, dass jemand, nur weil er zufällig eine Behinderung hat, automatisch nur in zentralen Einrichtungen leben soll."
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Vor allem junge Menschen mit Behinderung wollen laut Bentele heute selbstständig entscheiden, ob sie in einer großen Einrichtung, in kleinen WG-ähnlichen Gruppen oder allein in einer eigenen Wohnung leben möchten. Spätestens die 2009 von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention habe Behinderten das Recht zugesichert, ihre Wohnform selbst festzulegen. Wichtig sei, dass jeder Einzelne unabhängig von der Wohnform die notwendige Hilfe dort bekomme, wo er lebe, sagte die Beauftragte.
Die Verlegung von zentralen Wohnplätzen in die Gemeinden ermögliche es Behinderten, stärker am gesellschaftlichen Leben vor Ort teilzuhaben. "Üblicherweise fallen Dinge wie einkaufen, in ein Café gehen, andere Menschen treffen oder abends ausgehen einfach leichter, wenn man mitten im Wohngebiet lebt", sagte die ehemalige Biathletin und zwölffache Paralympics-Siegerin. "Das soziale Umfeld erweitert sich, und man hat eine größere Selbstständigkeit."
In kleineren Wohngruppen haben behinderte Menschen nach Benteles Worten zudem die Möglichkeit, Verantwortung für alltägliche Dinge wie Waschen, Einkaufen oder Kochen zu übernehmen. "Ein ganz normaler Alltag eben", sagte die von Geburt an blinde 32-Jährige. "Genau das ist es, was viele Menschen mit Behinderung wollen und was es in zentralen Wohneinrichtungen allein aufgrund von deren Konzeption nicht gibt."
Selbstverständlich gebe es aber auch Menschen, die das Leben in einer zentralen Einrichtung sehr schätzten, erklärte Bentele. Diese Haltung sei ebenso zu respektieren wie der Wunsch, ein großes Heim zu verlassen oder erst gar nicht dort einzuziehen.