"Die Debatte ist völlig aus dem Ruder gelaufen und hat viele Menschen verunsichert", sagte Kretschmann am Donnerstagabend in Nürtingen. Der baden-württembergische Bildungsplan sollte eigentlich einer Diskriminierung von Homosexuellen entgegentreten, argumentierte der Regierungschef. Die entsprechende öffentliche Diskussion sei aber dadurch in falsche Bahnen gelenkt worden, dass ein innerhalb der Landesregierung nur auf Arbeitsebene erstelltes, noch gar nicht druckreifes Papier den Medien gesteckt worden sei. "Das Problem ist, dass heute alles durchgestochen wird", sagte Kretschmann.
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Das "Arbeitspapier" habe er als Ministerpräsident zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht gekannt. "Davon wusste ich nix", sagte Kretschmann. Als es an die Öffentlichkeit kam, habe es große Missverständnisse gegeben. "Die erste Frage auf einer Pressekonferenz war, ob wir jetzt auch Sado-Maso unterrichten", sagte Kretschmann. Es habe sich eine "völlig irre Debatte" entwickelt, "die außer Verwirrung und Empörung gar nichts gebracht hat".
Der Entwurf zu dem Bildungsplan sieht vor, in Schulen künftig die "Akzeptanz sexueller Vielfalt" zu thematisieren. Dabei sollen Themen wie Homosexualität, Bi- und Transsexualität intensiver und fächerübergreifend behandelt werden. Inzwischen kündigte die grün-rote Landesregierung eine Überarbeitung des Papiers an, hält aber an den Grundprinzipien fest. Er soll nun erst 2016 umgesetzt werden.
Kretschmann äußerte sich bei einer Diskussionsveranstaltung mit dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) beim Bezirkskirchentag in der Evangelischen Stadtkirche St. Laurentius. Beckstein sagte mit Blick auf die Diskussion um den Bildungsplan, er habe hier eine "etwas andere Meinung" als Kretschmann. Es sei vielleicht ganz gut gewesen, "dass die Indiskretion dazu geführt hat, eine öffentlichen Debatte über diese Frage des Lehrplans zu führen".