Im Frühjahr ist Holger Karsten Schmidt für seinen DDR-Krimi "Mord in Eberswalde" mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Der Reiz des Films lag nicht zuletzt in der Konfrontation der ostdeutschen Ermittler mit einem Fall, den das sozialistische Weltbild nicht vorsah: den Missbrauch und die Ermordung eines Kindes. Mit "Für immer ein Mörder – Der Fall Ritter" nimmt sich Schmidt, einer der besten und meistdekorierten Autoren hierzulande ("Mörder auf Amrum"), eines weiteren DDR-Phänomens an. Anders als "Mord in Eberswalde" erzählt der Krimi zwar eine fiktionale Geschichte, doch auch dieses Drehbuch ist durch authentische Fälle inspiriert worden: Im Herbst 1999 wird die junge Kommissarin Yvonne Weber (Theresa Weißbach) von Frankfurt am Main nach Eisenach versetzt. Gemeinsam mit dem einheimischen Kollegen Wolf (Hinnerk Schönemann) soll sie einen nie aufgeklärten Mordfall aufrollen. Dabei ist die Sache eigentlich klar, zumindest aus Sicht der Eisenacher: In den frühen Achtzigern ist die Tochter eines Polizisten erdrosselt worden. Sie war die Freundin des Musikers Konrad Ritter (Luca Zamperoni), eines Dorf-Casanovas, der damals umgehend verhaftet worden ist und den Mord im Verlauf der Verhöre gestanden hat. In einem Revisionsverfahren musste er aufgrund einer entlastenden Zeugenaussage wieder freigelassen werden, aber für die Ermittler ist er stets der Mörder geblieben.
Manipulierte Zeugenaussagen
Mit gewohnter Sorgfalt gerade auch in den Details lässt Schmidt seine beiden Hauptfiguren die damaligen Ereignisse rekonstruieren. Dank einer Vielzahl markanter Schauspieler bekommen die Personen am Rande der Handlung von vornherein viel Gewicht. Tatsächlich liegt der Reiz der Geschichte in der Verwicklung der Polizisten. Bald zeigt sich, dass das unerfahrene Duo Wolf und Weber den alten Fall möglichst geräuschlos abwickeln soll; offenbar haben bis hin zur Staatsanwaltschaft alle damals Beteiligten Dreck am Stecken. Als die beiden feststellen, dass Zeugenaussagen manipuliert wurden, Beweise verschwunden sind und Ritters Geständnis das Ergebnis stundenlanger Folter war, sollen sie mundtot gemacht werden.
Geschickt erhöht Schmidt die emotionale Spannung durch einen dramaturgischen Kniff, den er schon vor Jahren in "Tod in der Eifel" (2008) angewendet hat, als eine LKA-Beamtin gegen den eigenen Vater, einen Provinzpolizisten, ermitteln musste: Dienststellenleiter Schulte (Karl Kranzkowski) ist Frank Wolf nicht nur ein väterlicher Freund, er hat vor langer Zeit auch dafür gesorgt, dass eine Dummheit des Jungen nicht aktenkundig geworden ist; ansonsten hätte er nicht Polizist werden können. Prompt steckt Wolf in einem klassischen Dilemma, denn auch Schulte, der nur noch ein Jahr bis zu seiner Pensionierung hat, ist in die Sache verwickelt; außerdem läuft demnächst die Verjährungsfrist für Strafvereitelung im Amt ab.
Regisseur des Eifelfilms wie auch von "Für immer ein Mörder" ist Johannes Grieser (zuletzt "In gefährlicher Nähe"), ein ausgesprochener Krimi- und Thrillerspezialist, der Schmidts Drehbuch diesmal zwar routiniert, aber insgesamt eher unauffällig umgesetzt hat (Bildgestaltung: Volker Tittel). Ausgerechnet bei der Arbeit mit dem ausgezeichneten Ensemble gibt es allerdings immer wieder Momente, die aus dem Rahmen fallen: weil die Schauspieler etwa bei Zwischenschnitten, die die Bedeutung einer Dialogszene unterstreichen sollen, etwas ungelenk wirken. Die Handlung vermittelt sich ohnehin fast nur auf der Dialogebene; umso frappierender, dass ausgerechnet im tiefsten Thüringen niemand Dialekt spricht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Dafür tragen einige der Nebendarsteller mimisch etwas dick auf; auf diese Weise verkommt ein von Hilmar Eichhorn verkörperter früherer Stasi-Major fast zur Karikatur. Auch Oliver Stokowski hätte als Wolfs Kollege, der früher bei Verhören gern gewalttätig wurde, in seinem mimischen Eifer gebremst werden müssen. Umso wohltuender ist die sparsame, aber ungleich wirkungsvollere Arbeit von Schauspielern wie Hinnerk Schönemann, Hauptdarsteller einer Vielzahl von Schmidt-Krimis, oder Karl Kranzkowski, der regelmäßig in Griesers Filmen mitwirkt. Kleine, aber prägnante Rollen spielen zudem Michael Gwisdek, Martin Brambach und Ulrike C. Tscharre.