Deutschland muss nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) die Unterbringung von Abschiebehäftlingen deutlich verbessern. Die höchsten EU-Richter entschieden am Donnerstag in Luxemburg, dass Abschiebehäftlinge grundsätzlich in speziellen Einrichtungen einquartiert werden müssen. Sie rügten die Praxis mehrerer Bundesländer, die betroffenen Menschen gemeinsam mit Straftätern in regulären Gefängnissen unterzubringen. (AZ: C-473/13, C-514/13, C-474/13)
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Bislang hat die Mehrzahl der deutschen Länder keine eigenen Zentren für Menschen, die auf ihre Abschiebung warten. Nach Angaben der Organisation Pro Asyl kombinieren im Moment sechs Bundesländer die Straf- und die Abschiebehaft in der Praxis: Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Andere Länder haben mit Blick auf das anstehende EuGH-Urteil provisorische Maßnahmen ergriffen, sie überstellen beispielsweise Häftlinge in benachbarte Bundesländer.
Eine solche Kooperation zwischen den Ländern hält auch der EuGH für eine Lösungsmöglichkeit. Das Fehlen spezieller Einrichtungen rechtfertige die Unterbringung von Migranten in Gefängnissen nicht, unterstreichen die Richter. Flüchtlingsrechtler kritisieren seit langem, dass Migranten in den Haftanstalten sehr strengen Bedingungen unterliegen: So dürfen sie beispielsweise nur selten Besuch empfangen, kaum telefonieren oder kein Bargeld besitzen. Viele dieser Menschen hätten tatsächlich Anspruch auf internationalen Schutz und seien nur deshalb inhaftiert, weil sie unter den EU-Zuständigkeitsregeln in ein anderes EU-Land gebracht würden, erläutert Pro Asyl.
Diakonie fordert sofortigen Stopp von Abschiebehaft in normalen Gefängnissen
Die Diakonie forderte nach dem Urteilsspruch den sofortigen Stopp der Abschiebehaft in normalen Gefängnissen. Das Gericht habe entschieden, "was wir seit langem fordern: keine Abschiebungshaft in Strafgefängnissen", sagte Vorstandsmitglied Maria Loheide in Berlin. Die Abschiebungshaft müsse damit ab sofort in den Bundesländern unterbleiben, in denen nur Justizvollzugsanstalten zur Verfügung stünden, forderte sie.
Loheide bezeichnete das Urteil als "wichtigen Meilenstein" im Umgang mit ausreisepflichtigen Menschen. "Abschiebungshäftlinge haben keine Straftat begangen", sagte sie. Die Betroffenen litten massiv unter ihrer Inhaftierung. Die Diakonie rief zudem dazu auf, grundsätzlich über die Haft nachzudenken. Der Freiheitsentzug sei oft überflüssig und es gebe Alternativen, sagte Loheide.