Eine Hungersnot bedrohte vor einem halben Jahr elf Millionen Menschen am Horn von Afrika. Anfang Februar wurde sie von der Welternährungsorganisation (FAO) offiziell für beendet erklärt. "Aber die Krise ist nicht vorbei," sagte der FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva nach einem Besuch in Südsomalia. Er hält eine langfristige Unterstützung für nötig, um die Bevölkerung für künftige Dürren bessern zu wappnen. Das gilt besonders für die Nomaden und Hirtenvölker.
In Ostafrika leben 24 Millionen Menschen von Rindern, Ziegen und Schafen. In den trockenen und halbtrockenen Gebieten ziehen die Hirten von Weide zu Weide. Ihre Tiere liefern, was sie zum Leben brauchen - oder sie tauschen es gegen Getreide ein. Aber es ist schwer, die Herden gesund zu halten. Deutsche Tierärzte leisten dabei Hilfe.
Ernährungssicherung, bessere Hygiene und Schutz vor Dürre
Denn in Äthiopien, Somalia und Kenia gibt es keine staatliche tiermedizinische Versorgung mehr, seitdem die Weltbank in den 80er Jahren drastische Einsparungen in den Budgets verlangte. Die "Tierärzte ohne Grenzen" springen seit 20 Jahren ein. "Unser Ziel ist es, die Lebensgrundlage der Menschen zu sichern, die von der Haltung von Nutztieren abhängig sind," sagt Willy Dühnen, der Geschäftsführer der 1991 gegründeten Organisation mit einem Büro in Hannover.
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Mittlerweile hat es in Somalia kräftig geregnet. "Der Regen bringt gute Weide," sagt Dühnen. "Wenn die Tiere an Gewicht gewonnen haben, können sie wieder tragend werden."
Aber erst mit der Geburt neuer Jungtiere, frühestens im Mai, werden die Muttertiere wieder Milch geben. Die Nahrungsmittelkrise ist also noch nicht überwunden.
Derzeit engagieren sich die Veterinäre in rund 20 Projekten. Ziele sind Ernährungssicherung, bessere Hygiene und Schutz vor Dürre. Im Zentrum steht die Tiergesundheit. "Gesunde Tiere - gesunde Menschen ist unser Motto," betont Vorstandsvorsitzender Frajo Siepelmeyer. Denn die Hirtenvölker leben besonders eng mit ihren Tieren.
Ausbildung von Tiergesundheitshelfern
Großes Gewicht hat die Ausbildung von sogenannten Tiergesundheitshelfern in den Dörfern, die dann jeweils eine Region betreuen. "Es sind Laien und Analphabeten, denen man nicht alle Medikamente in die Hand geben kann," sagt Dühnen. Aber mit Augensalbe, Wundöl, Zeckenmittel und Medikamente gegen die Schlafkrankheit bei Rindern sei schon viel zu erreichen. Inzwischen werden auch Frauen als Tiergesundheitshelfer ausgebildet. "Das war früher undenkbar," erzählt Dühnen.
Die Rinderpest war es, der die deutschen "Tierärzte ohne Grenzen" Ende der 90er Jahre nach Ostafrika brachte. Hunderttausende Tiere fielen der Seuche zum Opfer, in der Folge verhungerten viele Menschen. Die Organisation beteiligte sich im Südsudan an einer Impfkampagne, bildete Hirten aus.
"Mit Spritzen und hitzbeständigem Impfstoff suchten sie zu Fuß und per Fahrrad auch das letzte Rindercamp auf", erinnert sich Dühnen. 2011 erklärte die Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen die Rinderpest, eine der ältesten Tierseuchen, für ausgerottet. "Die Menschen hier sind stolz darauf, dass sie das geschafft haben," sagt Dühnen.
Wanderweidewirtschaft verringert Wüstenbildung
Die Wanderweidewirtschaft gilt bei vielen Politikern als rückständig und veraltet. Dühnen widerspricht und bedauert, dass in diese Form der Tierhaltung nicht mehr investiert wird. In Ländern wie Somalia oder Äthiopien erbringt diese Wirtschaftsweise einen großen Beitrag zum Bruttonationaleinkommen des Landes.
In Afrika eignet sich über die Hälfte der Fläche nicht für den Ackerbau. Die wandernde Tierhaltung dagegen ist uralt in den Steppen, Savannen und Bergen. Die Tiere sind angepasst an die wechselhaften und oft kargen Bedingungen, liefern Milch und Fleisch, auch wenn der Regen ausbleibt. In Somalia traf die Dürre im vergangenen Jahr die Ackerbauern härter als die Nomaden.
Überdies haben afrikanische und US-amerikanische Wissenschaftler jüngst nachgewiesen, dass durch gut geplante Beweidung sogar die Wüstenbildung rückgängig zu machen ist: Die Tiere geben Dung und brechen mit ihren Hufen harte Böden auf, so dass der Regen besser eindringen kann.