Pfarramtssekretärin Katrin Wiesinger hat derzeit viel zu tun. Das Telefon steht nicht still, wenn sie dienstags im Büro ist. Für ihren neuen Chef liegt schon stapelweise Post auf dem Schreibtisch. Am 1. Februar wird Johannes Friedrich offiziell den Dienst als Pfarrer im kleinen fränkischen Ort Bertholdsdorf antreten: eine Kirche, ein Gasthaus, 140 Einwohner. Bis zu seinem Ruhestand wird der ehemalige bayerische Landesbischof dort noch eineinhalb Jahre auf einer halben Stelle tätig sein und insgesamt 720 evangelische auch aus anderen Orten betreuen.
Weil Friedrich eben nicht irgendein Pfarrer ist, ist das Interesse an dem neuen Mann in dem Windsbacher Ortsteil Bertholdsdorf natürlich groß. Katrin Wiesinger war an dem Tag, an dem sie den 63-jährigen Johannes Friedrich zur ersten Besprechung traf, ziemlich aufgeregt. Der Neue war ebenfalls aufgeregt. Das hat er der Gemeinde auch gesagt, als er am ersten Weihnachtsfeiertag schon mal "geprobt" hat, wie es ist, auf der Kanzel in der kleinen Kirche St. Georg zu stehen.
Eine eigene Einführung als Dorfpfarrer hat Friedrichs noch nie erlebt
"Am Ausgang sagte mir jemand: für einen Vertreter war es ganz gut", berichtet er. Die Scheu vor dem prominenten Pfarrer ist also schnell gewichen. An seiner neuen Gemeinde gefällt Friedrich, "dass eine hohe Kirchen- und Gemeindeverbundenheit da ist und die Menschen ausgesprochen freundlich sind". Da trifft es sich gut, dass der frühere Bischof schon für die Zeit nach seinen letzten beiden Pfarrersjahren geplant hat, in der Gegend zu bleiben. Er und seine Frau Dorothea haben ungefähr zehn Autominuten von Bertholdsdorf entfernt in Wernfels ein Haus gekauft. In das frisch renovierte Haus sind die Friedrichs gerade eingezogen.
Die Dorfkirche St. Georg in Bertholdsdorf, Friedrichs neue Wirkungsstätte. Foto: Mkummerer/cc
Nun tritt er den normalen Pfarrdienst an und ist mit diesem Schritt der erste bayerische evangelische Landesbischof, der dies nach seiner Zeit in der Kirchenleitung tut. Anders als seine Amtsvorgänger war Friedrich aber auch erstmals von der heute geltenden Dienstzeitbegrenzung für Bischöfe auf zwölf Jahre betroffen. In seinen bisher 35 Berufsjahren war Friedrich zwölf Jahre Landesbischof. Zuvor war er Stadtdekan, Propst in Jerusalem und Studentenpfarrer in Nürnberg. Eine eigene Einführung als Dorfpfarrer hat er also noch nie erlebt. Am 5. Februar ist es soweit. Windsbachs Dekan Horst Heißmann wird seinen ehemaligen Studienkollegen im Pfarrkapitel die Gemeinde übertragen.
Die Kirche ist zu klein: "Das wird ein bisschen schwierig"
Eigentlich eine Routineangelegenheit für Heißmann, doch dieses Mal rechnet er mit einem großem Andrang. Es könnten bis zu 700 Besucher kommen, die einen der knapp 250 Plätze im 1565 erbauten Gotteshaus haben möchten, sagt er. Auch ein Fernsehteam habe sich angemeldet: "Die Kirche wird wahrscheinlich bersten und auseinanderbrechen", sagt Heißmann, "das wird ein bisschen schwierig". Im Umgang mit einem eventuellen Medienrummel setzt Heißmann auf Spontanität. "Es hilft nichts, da vorher am Schreitisch Vorbereitungen auszuklügeln", sagt er. Jedenfalls sei die Kirche für das Ereignis drei Tage lang geputzt worden. Friedrich sagt, der Kirchenraum sei "schön und ansprechend".
Hier wird er nun Menschen trauen und taufen, Jugendliche konfirmieren und Beerdigungsgottesdienste halten. Der promovierte Theologe bleibt allerdings noch mit einem Bein in der weitläufigeren Kirchenwelt stehen. Erst kürzlich wurde er Vorsitzender des Bayerischen Zentralbibelvereins und er hat auch weiterhin einen Sitz im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Die Bertholdsdorfer sind sich aber sicher, dass sich ihr Pfarrer Friedrich erst einmal auf die eigene Gemeinde konzentriert und die Einladungen zu Versammlungen und Gottesdiensten in anderen Gemeinden ablehnt. Christine Rißmann, die der Mesnerin und Vertrauensfrau in St. Georg hilft, plaudert aus dem Nähkästchen: "Unsere Mesnerin hat schon gesagt, die Nachbargemeinden können Friedrich für Gottesdienste haben, wenn er im Ruhestand ist".