Diakonisches Werk schließt Wichernstift aus

Diakonisches Werk schließt Wichernstift aus
Das Diakonische Werk der hannoverschen Landeskirche hat am Montag erstmals eine Einrichtung wegen Rufschädigung aus ihren Reihen ausgeschlossen.
06.12.2011
Von Jörg Nielsen

Die Diakonie greift gegen Abweichler aus den eigenen Reihen hart durch. Das Diakonische Werk der hannoverschen Landeskirche hat am Montag erstmals eine Einrichtung aus ihren Reihen ausgeschlossen: das Wichernstift in Ganderkesee bei Bremen. Einer der Vorwürfe lautet, der Umgang mit den Beschäftigten habe dem Ansehen von Kirche und Diakonie in der Öffentlichkeit geschadet.

Seit Jahren schwelt im Altenheim des Wichernstifts der Konflikt zwischen den Mitarbeitern und der Geschäftsführung - und der Diakonie. Das Gebaren des Vereinsvorstandes Jörg Emken lasse nun keinen anderen Weg mehr zu, sagte der stellvertretende Diakoniedirektor, Jörg Antoine. Emken wies den Rauswurf gegenüber dem epd zurück: "Das Vorgehen des Diakonischen Werkes ist inakzeptabel und wird ein juristisches Nachspiel haben."

Antoine hatte als Beispiel einen Skandal angeführt, der vor dem Arbeitsgericht gelandet war: Die Geschäftsleitung des wirtschaftlich angeschlagenen Altenheims hatte eine Liste von Beschäftigten veröffentlicht, die weder verlängerte Arbeitszeiten noch Einbußen ihres Lohnes akzeptieren wollten. Wer bereits Neuverträge unterschrieben hatte, wurde aufgefordert, auf die Kollegen einzuwirken, dies auch zu tun. Die Liste komme einem Pranger gleich, urteilte die 3. Kammer des Arbeitsgerichtes in Oldenburg und untersagte die Aktion.

Evangelisches Krankenhaus zur Räson gerufen

In einem anderen Fall hatte in der vergangenen Woche das höchste Gremium der bundesweiten Diakonie, der Diakonische Rat, das Oldenburger Evangelische Krankenhaus zur Räson gerufen. Dort will der Klinikchef Thomas Kempe das kirchliche Arbeitsrecht verlassen und direkt mit den Gewerkschaften über Tarife verhandeln, um seinen Mitarbeitern mehr Geld zahlen zu können. Er begründete seinen Schritt mit Personalnot: Er könne es sich nicht leisten, weniger als konkurrierende Krankenhäuser zu zahlen. "Sonst laufen mir die Mitarbeiter weg".

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Bei den Gewerkschaften löste Kempes Schritt Jubel aus: "Das ist der lang erwartete Dammbruch." Doch die Diakonie reagierte ungehalten: Tarifverhandlungen mit der Möglichkeit eines Arbeitskampfes seien in Kirche und Diakonie nicht statthaft. Die Entgelte werden vielmehr nach dem Verfahren des "Dritten Weges" in einer Kommission mit Vertretern von Arbeitsnehmern und Arbeitgebern ausgehandelt. An diese Grundentscheidungen sei auch das Evangelische Krankenhaus Oldenburg gebunden, hieß es.

Auch die Diakonische Altenhilfe Lilienthal bei Bremen wird seit einiger Zeit kritisch vom Landesverband beobachtet. Dort kämpfen die Betriebsräte seit Jahren gegen Lohndumping und eine diakonieeigene Leiharbeitsfirma. Eigentlich sind nach einem Kirchengesetz Leiharbeitsfirmen in der Diakonie auf Dauer nicht erlaubt.

epd